Hallo,
auf Anregung einer email einer Forum-"Mitleserin" eröffne ich dieses Thema:
Es geht um die Pressemitteilung, wie sie unter http://www.paranews.net/beitrag.php?cid=5329 zu lesen ist. Darin wird das Problem der Rückgabe von sterblichen Überresten von Aborigines durch ein Museum erwähnt, die von Wissenschaftlern verurteilt wird, da in Folge weitere Ansprüche der Aborigines geltend gemacht werden könnten.
Der Artikel enthält sehr interessante Gesichtspunkte, wie man mit einer durch Menschenhand fast ausgerotteten Kultur umzugehen hat. Oder auch nicht umzugehen hat. Mir haben sich aufgrund des Artikels sehr viele Fragen dazu ergeben:
Hat die Wissenschaft das Recht Forschungen um jeden Preis durchzuführen?
Darf sie unter dem Deckmantel des Fortschritts moralische Grundsätze übergehen?
Und wo sind die Grenzen?
Wer bestimmt diese Grenzen?
Wie würde man selber entscheiden?
Ich halte sehr viel von seriösen Wissenschaften. Das Stellen von Fragen und das Erhalten von gesicherten Antworten. Komischerweise ergibt jede Antwort wieder neue Fragen. Aber Fragen und Antworten um jeden Preis? Gelte ich als Rückständig, wenn ich "nein" sage? Im Mittelalter wurden Menschen verbrannt, wenn sie die Wahrheit sagten, wenn sie "Wissen schaften". Wenn ich "nein" sage, gehöre ich dann zur Gruppe, die die Verbrennungen durchgeführt und den Fortschritt verhindert haben?
Es gibt einen Roman, in dem die Hauptfigur namens Dr. Frankenstein Experimente durchführte. Einzelheiten sich Euch allen bekannt.
Ich bin der Meinung, dass es falsch ist, durch Verletzung moralischer Grundsätze (hier: beinahe Völkermord) wissenschaftliche Erkenntnisse zu bekommen. Das Volk der Aborigines hat ein Recht auf die sterblichen Überreste der Vorfahren. Natürlich nicht nur die aus dem im Artikel genannten Museum, sondern aus allen. Aus allen Institutionen, die unrechtmäßig Körperteile oder Artefakte von den Aborigines entwendet haben.
Meine Meinung dehnt sich auf alle Völker der Erde aus. Die Aborigines in Australien stehen hier stellvertretend für alle unterdrückten Völker/Menschen.
Aber was ist, wenn wir das Thema mal weiterspinnen:
Aus moralisch tiefst verwerflichen Methoden wird ein Arzneimittel gegen eine tödliche Krankheit gewonnen. Wenn es der Menschheit zur Bekämpfung dieser tödlichen Krankheit dient, darf man es dann trotzdem benutzen?
Ich gebe zu, dass dieses Thema zu den schwersten Themen (der Menschheit?) überhaupt gehört und ich wäre froh, wenn wir hier in aller Öffentlichkeit darüber sprechen können.
Museum gibt Aborigine-Exponate zurück
- ditido
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Bevor Ihr zu einer Meinungsfindung kommt, bevor ich selbst dazu Stellung nehme ist es wohl unerläßlich, darüber zu schreiben, wie die britischen Mussen zu diesen "Exponaten" gekommen sind.
Möge sich jeder am Beispiel des Schicksals der Ureinwohner Tasmaniens selbst ein Urteil bilden. Ich bin sicher, dass den protestierenden Wissenschaftler folgende Tatbestände bekannt sind.
1847 durften die übrig gebliebenen 47 abgestumpften, dahin siechenden Menschen, in das Reservat Oyster Cove bei Hobart zurückkehren. Das war aber keine humane Entscheidung der britischen Kolonialbehörde, sondern die Reaktion auf eine Petition an die Königin. Alkohol und Grippe als Haupttodesursachen reduzierte die Zahl der Überlebenden bis 1858 auf noch 15. Und bald blieben nur noch drei. Und um die entbrannte schon zu Lebzeiten ein Wettlauf der Wissenschaftler um deren Körper. Unglaublich!
Es liest sich wie ein Horror Roman, was britische „Ärzte“ mit dem Leichnam von William Lanney, dem letzten männlichen tasmanischen Ureinwohner machten:
Vorsichtig skalpierte Doktor Crowther den Kopf des verstorbenen William Lanney und reichte den enthäuteten Schädel des Schwarzen wie verabredet durchs Fenster an einen Kumpan. Dann ging er in den benachbarten Sektionsraum, köpfte die Leiche eines Weißen, griff wieder zum Skalpiermesser, schnitt den Schädelknochen heraus und steckte ihn in die Kopfhaut des Schwarzen. Kurz nachdem Crowther das Krankenhaus verlassen hatte, betrat der Chirurg Doktor Stokell die pathologische Abteilung. Dort fand er Lanneys blutverschmierte Leiche "mit einem Schädel, der locker in der Haut rollte", wie er später vor einem Untersuchungsausschuss aussagte. Das geschah am Freitag, dem 4. März 1869, in Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens.
Am Samstag kehrte Doktor Stokell ins Leichenhaus zurück und hackte dem toten Lanney Hände und Füße ab, und noch am selben Tag wurde die verstümmelte Leiche beerdigt. Doch schon am Abend begab sich der Chirurg zum Friedhof, um sie wieder auszugraben und auf einer Schubkarre wegzuschaffen. Am Montag danach, so berichtete Stokells Kollege Crowther nun seinerseits dem Untersuchungsausschuss, habe das Hinterzimmer der Pathologie ausgesehen wie ein Schlachthaus, überall Blut und Fett: Stokell hatte William Lanney auf sein Skelett reduziert.
Grund des makabren Zanks zwischen den beiden Ärzten war die Leiche des letzten männlichen tasmanischen Ureinwohners. Crowther arbeitete für das Royal College of Surgeons in London, das vor allem an dem Schädel interessiert war. Sein Widersacher Stokell stand im Dienst der Royal Society of Tasmania, die für ihr Museum in Hobart ein komplettes Skelett begehrte. Anthropologie und Ethnologie steckten in ihren Anfängen. Als sie sich als Wissenschaften etablierten, waren die Tasmanier………“
Die Ehefrau von William Lanney hieß Truganini, die am 8. Mai 1876, neun Jahr nach ihrem dritten Ehemann, in Hobart verstarb.
Möge sich jeder am Beispiel des Schicksals der Ureinwohner Tasmaniens selbst ein Urteil bilden. Ich bin sicher, dass den protestierenden Wissenschaftler folgende Tatbestände bekannt sind.
1847 durften die übrig gebliebenen 47 abgestumpften, dahin siechenden Menschen, in das Reservat Oyster Cove bei Hobart zurückkehren. Das war aber keine humane Entscheidung der britischen Kolonialbehörde, sondern die Reaktion auf eine Petition an die Königin. Alkohol und Grippe als Haupttodesursachen reduzierte die Zahl der Überlebenden bis 1858 auf noch 15. Und bald blieben nur noch drei. Und um die entbrannte schon zu Lebzeiten ein Wettlauf der Wissenschaftler um deren Körper. Unglaublich!
Es liest sich wie ein Horror Roman, was britische „Ärzte“ mit dem Leichnam von William Lanney, dem letzten männlichen tasmanischen Ureinwohner machten:
Vorsichtig skalpierte Doktor Crowther den Kopf des verstorbenen William Lanney und reichte den enthäuteten Schädel des Schwarzen wie verabredet durchs Fenster an einen Kumpan. Dann ging er in den benachbarten Sektionsraum, köpfte die Leiche eines Weißen, griff wieder zum Skalpiermesser, schnitt den Schädelknochen heraus und steckte ihn in die Kopfhaut des Schwarzen. Kurz nachdem Crowther das Krankenhaus verlassen hatte, betrat der Chirurg Doktor Stokell die pathologische Abteilung. Dort fand er Lanneys blutverschmierte Leiche "mit einem Schädel, der locker in der Haut rollte", wie er später vor einem Untersuchungsausschuss aussagte. Das geschah am Freitag, dem 4. März 1869, in Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens.
Am Samstag kehrte Doktor Stokell ins Leichenhaus zurück und hackte dem toten Lanney Hände und Füße ab, und noch am selben Tag wurde die verstümmelte Leiche beerdigt. Doch schon am Abend begab sich der Chirurg zum Friedhof, um sie wieder auszugraben und auf einer Schubkarre wegzuschaffen. Am Montag danach, so berichtete Stokells Kollege Crowther nun seinerseits dem Untersuchungsausschuss, habe das Hinterzimmer der Pathologie ausgesehen wie ein Schlachthaus, überall Blut und Fett: Stokell hatte William Lanney auf sein Skelett reduziert.
Grund des makabren Zanks zwischen den beiden Ärzten war die Leiche des letzten männlichen tasmanischen Ureinwohners. Crowther arbeitete für das Royal College of Surgeons in London, das vor allem an dem Schädel interessiert war. Sein Widersacher Stokell stand im Dienst der Royal Society of Tasmania, die für ihr Museum in Hobart ein komplettes Skelett begehrte. Anthropologie und Ethnologie steckten in ihren Anfängen. Als sie sich als Wissenschaften etablierten, waren die Tasmanier………“
Die Ehefrau von William Lanney hieß Truganini, die am 8. Mai 1876, neun Jahr nach ihrem dritten Ehemann, in Hobart verstarb.
Time cures all things