Ludwig Leichhardt

Kultur & Co., Politik, Geschichte, Kontaktsuche etc.
Post Reply
User avatar
ditido
Fächerblume / Scaevola aemula
Fächerblume / Scaevola aemula
Posts: 2044
Joined: 19. October 2006 10:40
Location: Albersdorf
Contact:

Ludwig Leichhardt

Post by ditido »

Ludwig Leichhardt, der in Australien unvergessene Deutsche
Die Australier können die Unkenntnis der deutschen Touristen nicht verstehen. Und man steigt in ihrer Hochachtung, wenn man Bescheid weiß über den berühmtesten Deutschen, der je in Australien lebte.
Flüsse sind nach ihm benannt, ein Highway trägt seine Namen ebenso wie ein National Park. Es gibt zahlreiche Straßen in DU, die an ihn erinnern. In Deutschland ist es nur die Ludwig Leichhardt Allee in Cottbus und das Ludwig Leichhardt Museum in seinem Geburtsort Trebatsch (Brandenburg). Das ist in Australia anders. Dutzende Orte sind stolz, seinen Namen zu tragen. Allein in Queensland gibt es 17 Leichhardt Creeks, Wasserfälle, Lagunen, Sümpfe. Überall wird der Name Leichhardt für die Unsterblichkeit erhalten. Sei es bei dem Stadtteil von Sydney, bei der Gebirgskette oder beim Mount Leichhardt. Auch der Leichhardt River ist sehr bekannt. Das haben aber internationale Forscher ausgeglichen. Nach Ludwig Leichhardt wurden eine Weinbergschnecke, eine Biene, ein Grashüpfer und zwei Fische benannt. Und in Deutschland?? Kaum ein Zuhörer bei meinen Buchlesungen oder Vorträgen über Australien kannte den Namen Ludwig Leichhardt.
Was war das für ein Mann, den man in Down under so verehrt, dass sich 160 Jahre nach seinem Verschwinden bei einer Expedition immer wieder ernsthafte Wissenschaftler und Forscher bemühen sein Schicksal zu klären?
Leichhardt wurde am 23. Oktober 1813 in Trebatsch als Sohn eines königlichen Torfmeisters geboren. Er besuchte das Gymnasium in Cottbus und studierte anschließend zwischen 1831 und 1837 alte Sprachen in Berlin und Göttingen. Seine Studien führte er dann bis 1841 in Paris und London fort. Nebenbei beschäftigte er sich mit Medizin und Naturwissenschaften. Mit englischen Freunden unternahm er mehrere Exkursionen nach Südengland, Frankreich, Italien und der Schweiz. Dadurch entstand und reifte sein Plan, nach Australien zu gehen und dort eine große Forschungsreise zu unternehmen. Von Stund an las er alles, was über den roten Kontinent und seine Endeckung für ihn erreichbar war. Und mit Vorträgen und Aufsätzen über Botanik und Zoologie verdiente er sich das Startgeld für die Überfahrt und die ersten kleineren Expeditionen.
Das war die Zeit, wo er in Preußen zum vaterlandlosen Gesellen erklärt wurde, in Abwesenheit sogar verurteilt wurde, weil er sich angeblich dem Militärdienst durch die Übersiedlung nach Australien entzog. Unter dem Druck der internationalen Anerkennung der Leistungen von Leichhardt für Australien, er erhielt unter anderem 1847 mit einem weiteren Forscher den Preis für die bedeutendste geographische Entdeckung und bekam von der britischen Regierung die Ehrenmedaille verliehen, blieb dem König von Preußen nichts anderes übrig, als Ludwig Leichhardt zu begnadigen. Trotzdem blieb ihm bis heute die ihm zustehende Anerkennung in Deutschland verwehrt.
Image
Anfang1842, nach seiner Ankunft in Australien, begann Leichhardt sofort mit großem Elan und großer Sachkenntnis mit naturwissenschaftlichen Beobachtungen auf dem damals noch weitestgehend unerforschten Kontinent. Zwischen 1842 und 1844 war er vorwiegend in dem bereits locker besiedelten Gebiet zwischen Sydney und Brisbane und sammelte geologische, botanische und zoologische Informationen und Belege.
1844 entschloss er sich dann, die Nord- Ost Route zu erkunden. Australien braucht damals kühne Männer, die die Unendlichkeit und scheinbare Unbegehbarkeit des Landesinnern erforschten. Erstens, um festzustellen, ob sich im Landesinneren nutzbares Land befände und zweitens, wie diese Land erreichbar gemacht werden kann. Damit zum Beispiel die Produkte der Landwirtschaft und Viehzucht zu den großen Städten in den Küstenregionen gelangen können.
Mit seiner ersten Entdeckungsreise wurde er der unbestritten berühmteste der Forscher Australiens. 15 Monate brauchte er 1844 bei seiner Durchquerung des Landes von Jimbour (Darling Downs) in Queensland bis Port Essington in Nothern Australia. 4800 Kilometer legte sein Expedition dabei zurück und quälte sich bei sengender Hitze durch das Outback. Vorausschauend gehörten zu den neun Begleitern auch zwei Ureinwohner. Nur Leichhardt hatte in Europa kaum etwas über das Aboriginal People, seine Kultur und Lebensgewohnheiten gelesen. So nahm er an, dass alle die gleiche Sprache verstehen. Und war maßlos erstaunt, dass seine beiden Ureinwohner sich mit den Aboriginals im Northern Territory nicht verständigen konnten. Aufmerksam, wurde die Öffentlichkeit auf diese Expedition, als der Zeitpunkt von 6 Monaten für die geplante Durchquerung mehr als überfällig war. Und Australien weit interessierten sich die Menschen für den Verbleib der Expedition vom dem Deutschen, dem Ludwig Leichhardt. Wie der Phönix aus der Asche tauchte Leichhardt mit seinem Team nach 15 Monaten in der Nähe des heutigen Darwins wieder auf. Australien hatte einen neuen Hero.
Die Reise hatte die Truppe von Brisbane quer durch Queensland und dann bis zum Arnhem Land geführt. Eines seiner Hauptverdienste war, dass die weiße Landkarte von Queensland dadurch „aufgefüllt“ werden konnte, da er exakte Beschreibungen für das Weideland und die Besiedlung vorlegte. Und der wurde gefeiert. Unter anderen mit einer Konfetti- Parade in Sydney. Leichhardt hatte nicht nur die Möglichkeit der Passage bewiesen. In preußisch exakter Art waren seine mitgebrachten Aufzeichnungen sofort verwendbare Leitblätter für weitere Forscher, Siedler oder Abenteurer. Und dann hatte er auch noch als Zugabe Australiens größtes Kohlenlager entdeckt und die geographischen Voraussetzunge für dessen Abbau beschrieben. Australien jubelte ihm zum, England zeichnete ihn aus, Deutschland verleugnete ihn. Und Ludwig Leichhardt schrieb sein Buch „Die erste Durchquerung Australiens 1844-1846“, in dem er spannend ein anschauliches Bild vom Leben im Busch, ohne Strassen oder irgendwelchen Zivilisationseinrichtungen, wiedergab. Und sicher dachte er, vielleicht durch den Erfolg auch euphorisiert, schon an die nächste Forschungsreise. Er wollte mit zwei Freunden als erster Mensch Australien von Ost nach West durchqueren. Am 28. Dezember 1846 startete das Unternehmen von der Ostküste, das aber durch Krankheiten und Überfälle der Ureinwohner Anfang 1847 nach 750 Kilometern abgebrochen wurde.
Leichhardt aber gab nicht auf. Am 12. Dezember 1847 starte er mit fünf Begleitern erneut, um die Ost- West Passage zu erkunden. Leichhardt stand unter großen seelischen Druck. Hatte doch seine Verlobte Emmeline sich entschlossen, einen anderen zu heiraten. Aber gerade deshalb wollte er wieder in die Wildnis. Das letzte Lebenszeichen von ihm ist ein Brief vom 3. April 1848. Hier äußert er sich noch sehr optimistische über den bisherigen Expeditionsverlauf.
Leichhardt hatte für die Expetition einen Zeitraum von 36 Monaten geplant und bekannt gegeben.
Nach vier Jahren begann die Suche nach der verschollenen Leichhardt Crew. Viele Forscher suchten, von der Regierung beauftragt oder auf eigen Kappe, nach Hinweisen auf das Schicksal der Leichhardt Expedition. So auch John Forrest, später Premier Minister von WA und August Gregory, der neben der Erforschung des Cooper River und des Victoria River zwischen 1855 bis 1858 mehrere Erkundungstrupps in die Randgebiete der Wüsten leitete. Bis 1938 hat man vergeblich nach Spuren gesucht. Aber es wird vermutet, dass die Mitglieder der Expedition die ersten Europäer waren, die die nördlichen Regionen der Simpson Wüste erreichten. Bis heute bleibt jedoch das Schicksal der Männer ungeklärt. Von den zahlreichen Theorien sei nur eine, nämlich der Tod durch Ertrinken bei einer „Sturzflut“, erwähnt.
Die Stationen seines Lebens, seine Expeditionen und schließlich die Dramatik seines mysteriösen Verschwindens beschrieb der australische Literaturnobelpreisträger Patrick White im Roman „Voss“, der auch die Vorlage für eine Oper ist. Durch das spurlose Verschwinden der letzten Leichhardt- Expedition bei einer geplanten Ost- West Durchquerung des Kontinents, wurde der Deutsche für die Australier ein zu verehrender Volksheld.
Dieser Deutsche, dem noch zu Lebzeiten in Australien Kränze geflochten wurden, blieb in seinem Heimatland relativ unbekannt
Aus „Und immer weiter zur Sonne“
http://www.ditido.de
Time cures all things

User avatar
jumbuck
Hakea / Hakea spec.
Hakea / Hakea spec.
Posts: 4093
Joined: 27. June 2006 14:48
Location: Hamburg

Post by jumbuck »

Danke ditido für diesen tollen Bericht.
Über Ludwig Leichhardt habe ich vor einiger Zeit auch schon einen etwa 2 seitigen Bericht gelesen. Und ich war fasziniert. Eine wirklich interessante Story, denn geschichtlich interessanter geht es kaum mehr.
Ich freue mich wirklich über diesen Bericht, denn den Namen Leichhardt habe ich nach dem von mir gelesenen Bericht, irgendwie vergessen. Ich konnte mich nur noch an die verschollene Expedition erinnern. Aber den Namen Leichhardt hatte ich vergessen. Ich habe schon im Internet nach ihm gesucht, da mir aber die Stichwörter bislang fehlten habe ich nichts gefunden. Bis heute. :D

User avatar
ditido
Fächerblume / Scaevola aemula
Fächerblume / Scaevola aemula
Posts: 2044
Joined: 19. October 2006 10:40
Location: Albersdorf
Contact:

Post by ditido »

Hallo jumbuck, wenn inzwischen Dein Australienbuch wieder hast, findest Du ab Seite 490 Hinweise über Ludwig Leichhardt und die anderen großen Entdecker in Australien.
Schönes Wochenende
ditido
Time cures all things

User avatar
jumbuck
Hakea / Hakea spec.
Hakea / Hakea spec.
Posts: 4093
Joined: 27. June 2006 14:48
Location: Hamburg

Re: Ludwig Leichhardt

Post by jumbuck »

Ich habe gestern das Buch "Ludwig Leichhardt - Schicksal im australischen Busch" bekommen. Bin schon ganz gespannt darauf es zu lesen :D

User avatar
ditido
Fächerblume / Scaevola aemula
Fächerblume / Scaevola aemula
Posts: 2044
Joined: 19. October 2006 10:40
Location: Albersdorf
Contact:

Re: Ludwig Leichhardt

Post by ditido »

Der australische Literaturnnobelpreisträger Patrick White hat nicht zuletzt wegen seines Romans „Voss“, der vom Leben des L.L. handelt, diese Ausszeichnung bekommen.
Vielleicht erzählst Du uns bei Gelegenheit mal wie L.L. in diesem Buch stirbt.
Time cures all things

Post Reply