Ehemalige Deutsche in Down under

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ditido
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Ehemalige Deutsche in Down under

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Ein australodeutscher Weltenbummler

Wir waren unterwegs in Queensland. Wollten nach Crows Nest.
In Hampton stand ein Visitor Centre in einem über 100 Jahre alten renovierten Gebäude. Der dortige Mitarbeiter war sehr freundlich und Hilfsbereit. Zwischendurch haben wir wohl auch Deutsch gesprochen. Darauf sagte der ältere Herr „Sie können ruhig Deutsch mit mir reden. Ich stamme aus Deutschland!“ Er hatte uns für Skandinavier gehalten. So erfuhren wir, dass in dieser Gegend eigentlich Toowoomba das Non plus Ultra sei. Aber für einen Kurzaufenthalt würde sich Crows Nest, 13 Ki-lometer nördlich, gut eigenen. Dann erhielten wir eine Fülle von Informationsmaterial und eine Menge Hinweise über Unter-kunft und Sehenswürdigkeiten von Toowoomba. Klaus, wie der Deutsche hieß, lebte in Highfield, einem kleinen Ort 20 Kilometer südlich. Er war Pensionär und arbeitet freiwillig jedes dritte Wochenende unentgeltlich als Volontär im Visitor Centre. Und es machte ihm, wie auch allen anderen Volontären mit denen wir gesprochen haben, einen Heidenspaß, mitzuhelfen, damit Down under sich den Gästen gut präsentiert.
Es war der 10. Dezember, ein Samstag. Zwei Tage später woll-ten wir weiter nach Toowoomba. Mit einem überraschenden, ungeplanten Zwischenstopp in Highfield. Wir hatten in Crows Nest einen schönen Bungalow in einen Caravan Park gefunden, waren gerade vom Besuch der beiden Stauseen zurückgekom-men. Als es vor unserem Bungalow hupte. Ein dunkler Jeep stand vor der Tür, aus dem Klaus, der Volontär des Visitor Centre in Hampton kletterte. „Bin ich froh, dass ich Euch noch gefunden habe“ schmunzelte er. „Aber als ich nach dem Dienst zu Hause war, fiel mir ein, dass die Unterkunft, die ich Euch für Toowoomba empfohlen habe, zurzeit geschlossen ist.“ Das muß man sich einmal vorstellen. Da fährt ein Aussi, der er mittler-weile ist, über 20 Kilometer, um zwei wildfremden Touristen eine Information zu bringen. Keine Frage, dass wir ein ganzes Stück bei einem kühlen Bier zusammen saßen. Schließlich hat uns Klaus für Montagvormittag noch zu sich eingeladen. Er war sämtliche Unterkünfte in Crows Nest abgefahren, auf der Suche nach einem Mann mit weißem Hut und einer hübschen Frau.
Gern folgten wir seiner Einladung auf einen Morgenkaffee bei unserer Weiterfahrt nach Toowoomba. Zunächst wieder durch Hampton, dann passierten wir Carbalah. Ein Weiler mit süd-amerikanischen und mexikanischen Flair. Und dem Pub „Far-mers Arm“, der am längsten die Lizenz für Alkoholausschank in Queensland besitzt.
Highfield liegt nur 13 Kilometer vor Toowoomba. Eine Sied-lung mit gepflegten Anwesen und einem überraschend vielseitigen Einkaufszentrum. In einer Nebenstrasse wohnt Klaus Tschoarn. Ursprünglich stammt Klaus aus Ostpreußen. In Deutschland erlernte er den Beruf eines Ingenieurs für Maschi-nenbau. Seine Eltern lebten damals in Dresden. Er arbeitet zu-nächst in Bremen, dann in Köln. Sein AHA Erlebnis hatte der eigentlich zufrieden Mann im Winter 1963/64 an einer Kölner Straßenbahnhaltestelle. Frierend und schneebedeckt, im Freien auf die Bahn wartend, stellte sich die Frage „Muß ich mir das antun?“ Immer drängender wurde der Wunsch nach dem Daueraufenthalt in einem sonnigen Land. Wobei er allerdings zu-nächst auch Kanada mit seiner tollen Natur und den interessan-ten Aufgaben für einen Ingenieur, mit ins Kalkül zog. Aber der Wusch nach Wärme und Sonne überwog. Australien wäre schon damals vielleicht ein Thema gewesen. Aber die beteilig-ten sich am Vietnamkrieg und erwarteten von den jungen Neu-bürgern natürlich eine „nationale Bewährung“. So blieb 1964 Südafrika erste Wahl. Die Kenntnisse eines deutschen Ingenieurs waren dort im Minenbetrieb sehr gefragt. Klaus verdiente weit besser als in Deutschland, lernte in SA seine spätere Frau kennen, heiratete. Und es ging der Familie gut, Aber die zu-nehmenden Rassenunruhen veranlassten ihn 1972 nun doch, die alte Überlegung Australien wieder ins Auge zu fassen. Und die Aussies nahmen den mittlerweile zum Minenabbauexperten gewordenen Deutschen gern. Bewegte Zeiten erlebte er in Down under. Zunächst arbeitete er im Eisenerztagebau in Wickham. Über diese geschichtsträchtige Gegend habe ich im ersten Australienbuch ausführlich erzählt. Dann kam ein Inter-mezzo in Perth. Bald hatten sich die Fähigkeiten des Ingenieurs in Fachkreisen bis nach Queensland herum gesprochen. Dem guten Angebot an der Goldküste folgte noch eine Tätigkeit im Hinterland von Queensland. Hier gefiel es Klaus Tschoarn sehr. Auch, weil durch die frühere Ansiedlung vieler Lutheraner ein für Deutsche positives Klima herrschte. So widersprach er zwar nicht unseren schlechten Erfahrungen mit dem German Club in Brisbane. Sagte aber, dass hier in dieser Region bis zur Küste viele sehr gastfreundliche ehemalige Deutsche siedeln. Und wir waren uns nach dem Besuch eigentlich sicher, dass wir uns im Falle einer Übersiedlung bei den freundlichen Queensländern wohl fühlen würden. Gut zu wissen. Besonders, wenn die Zu-stände in Deutschland durch die Inkompetenz der deutschen Regierung auch für Rentner unerträglich wird. Noch stehen wir zu unserer Entscheidung, doch in Deutschland zu bleiben.
Die Machbarkeit für Rentner bestätigte Klaus am Beispiel sei-ner Eltern, die ihm folgten und nunmehr seit Jahren zufrieden in Down under leben.
Klaus Tschoarn ist der Bruttotyp des erfolgreichen deutschen Übersiedlers. Kein Glücksritter. Ein Fachmann, der für seine gute Arbeit auch gut honoriert wurde. Zu seinem wirtschaftli-chen Glück passte natürlich der wirtschaftliche Aufschwung Australiens seit 1996. Er hat sich mit den Rücklagen, den Ren-ten (auch aus Deutschland) und einem Eigenheim mit Einlieg-erwohnung eine Basis für den sicheren Lebensabend geschaffen. Mittlerweile ist er naturalisiert, liebt Australien und insbe-sondre Queensland mit seinen Menschen. Seine Tätigkeit als freiwilligerer Volontär macht ihm viel Spaß, da er ständig ande-re Menschen aus vielen Nationen kennen lernt.
Interessant ist auch seine, wie er meint auf viele Australier zu-treffende, politische Auffassung. Nach seiner Erfahrung gibt es in Down under den so genannten Sieben Jahres Rhythmus. Und in diesem Rhythmus wechseln nicht nur die Regierungen, son-dern auch die Konjunkturen.
Eigentlich viel zu kurz war unser Besuch in Highfield. Aber wir wollten ja noch weiter. Fuhren mit dem Bewusstsein, wieder einmal einen Deutschen begegnet zu sein, dem der Wechsel nach Australien gut getan hat. Und der jetzt die positiven Eigenschaften eines Deutschen mit der Lockerheit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft eines Australiers verbindet.
Thank you Klaus Tschoarn. And have a good time always.

ditido
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Markus
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Hallo,

das nenne ich mal eine weltbewegende Lebensgeschichte. Klaus ist ja ganz schön herumgekommen. :D

In Südafrika ging es damals dramatisch zu. Ein eigentlich schönes Land hatte sich zu sehr in die Rassenprobleme hineingesteigert. Die eingesetzten Energien hätten sicherlich (wie in anderen Ländern) sinnvoller genutzt werden können. Wen wundert es aber, dass die Ureinwohner nach all den Qualen auf sich aufmerksam machten. Schade, dass er das Land verlassen musste, aber schön, dass er wieder ein Auge auf Australien warf.

Auf jeden Fall wünsche ich Klaus weiterhin einen schönen Aufenthalt als gewordener Aussie in Australien!
Last edited by Markus on 6. April 2007 18:39, edited 1 time in total.

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ditido
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Post by ditido »

Ich gabe noch mehrere solcher Geschichten. Soll ich noch ein paar davon vorstellen?
ditido
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Gienny
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Post by Gienny »

Hallo Ditido,

welch eine Frage...
bitte mehr...

LG:Gienny
"I speak the truth, not so much as I would, but as much as I dare; and I dare a little more, as I grow older."

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Markus
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Post by Markus »

Hallo,

da schließe ich mich gerne an Giennys Bitte an. 8)

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ditido
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Post by ditido »

Es gibt eben kaum einen Wusch, den ich Gienny und Markus abschlagen kann. Hier also die nächste Geschichte.

Der Darwiner KfZ- Meister Kunze
Im Australienbuch habe ich ausführlich über meinen Ärger mit der Autovermietung Swiss Am Drive berichtet. Ein kleines Rädchen in dem Getriebe war Herr Kunze. Besitzer einer Reparaturwerkstatt in Darwin und angebliche Ausgabestelle für das gekaufte Auto.
Bi den Unterlagen war auch die Telefonnummer, wo ich das Auto in Darwin abholen sollte. Ich rief dort an. Eine Frau meldete sich in Englisch und erklärte mir, dass sie nicht die Continental Motors in Darwin sei. Da die angegebene Adresse der Firma in unmittelbarer Nähe unseres Hotels lag, gingen wir hin. Es war Montagmorgen gegen 9.00 Uhr. Ein beeindruckender Bau. Alles neu, alles verglast. Riesiger Palast. Die Hausnummer stimmte, nur nicht der Name der Firma. Wir betraten den Glaspalast und erfuhren, dass die von uns gesuchte Firma eine Werkstatt an der Rückseite des modernen „Japaners“ war. Von der Neuzeit ins Mittelalter, das bedeutete nur einen kurzen Weg um den Häuserblock. Zwei Bretterschuppen standen da. Die Autowerkstatt des Herrn Kunze. Gebäude, wie ich sie in der DDR in den sechziger Jahren noch gesehen hatte. Immerhin gab es darin eine Hebebühne und Platz für die Arbeit an mehreren Autos. Ein Arbeiter zeigte mir Herrn Kunze, der in einem kleinen Verschlag, gleich links neben dem Eingang, saß. Ich stellte mich vor und sagte, indem ich die Unterlagen vorlegte, dass ich das Auto abholen wollte. „Das ist ja wunderbar“ lachte mich Herr Kunze an. „Das Problem ist nur. Ich habe kein Auto für Sie, weiß nicht mal, dass sie heute kommen.“ Dann erzählte er, dass er die Wagen von der Sydneyer Firma nur übernehme und wieder ausgebe. Jetzt müsse er erst einmal in Sydney anrufen. „Wären Sie heute morgen ans Telefon gegangen, hätten Sie dass schon klären können“ sagte ich verärgert. Herr Kunze warf einen Blick auf den Vertrag. „Das ist nicht meine Telefonnummer“ meinte er. Nahm einen Stift und änderte eine Nummer. „So! Jetzt stimmt es!“ Er sah sich meinen Vertrag noch einmal an. „Kommen Sie am besten in zwei Stunden wieder. Dann habe ich alles geklärt.“ Was sollten wir machen? Wütend ging ich weg. Meine Frau sah das alles nicht so dramatisch. Für sie sind unsere Pannen auf den Reisen abwechslungsreiche Abenteuer. Ich aber war stark verärgert. Gerade diesen Autokauf hatte ich, da ich ihn für eine unproblematische Reise so wichtig hielt, über Monate vorbereitet und nun? Mist! Mist! Mist!
Wir gingen in die Stadt. Eis essen. Das war wohl das einzig Vernünftige. Aber der Ärger saß. Pünktlich nach zwei Stunden meldeten wir uns wieder in der Werkstatt. Meister Kunze hatte mit Sydney gesprochen. Die hatten uns ganz einfach vergessen. „Und nun?“ fragte ich, fassungslos über solche Geschäftsgebaren. „Ach!“ meinte Herr Kunze. „Das passiert bei Swiss am Drive öfters mal. Die Kunden sind dann mit einem Ersatzwagen zufrieden. Zurzeit habe ich aber nur den hier!“ Und dabei zeigte er auf einen kleinen Campervan, der sicherlich nach langer Dienstzeit bei Meister Kunze sein Gnadenbrot bekam. Der Kommentar „Wollen Sie mich verscheißern“ blieb mir bei diesem fröhlich vorgebrachten Antrag im Halse stecken. „Auf keinen Fall“ lehnte ich ab. „Ich schätze, wir werden uns jetzt in Darwin einen Anwalt suchen und dann bei einer anderen Firma ein anders Auto besorgen.“
„So doch nicht.“ Herr Kunze schüttelte mit dem Kopf. „Nehmen Sie den Wagen jetzt einfach als Übergang für ein paar Tage.“ Ungläubig staunend sah ich ihn an. Er lachte. Dieser Mann nahm das Leben locker. „Das war so eine Idee. Ich rufe gleich in Sydney an. Der Wagen steht dort auf dem Hof und wird schleunigst nach Darwin gebracht.“ „Über 4000 Kilometer?“ Ich wollte es nicht glauben. „Das ist hier nichts Besonderes. Wird schon klappen. Und in zwei Tagen ist ihr Auto da.“ Für Herrn Kunze schien das Problem damit gelöst. Was sollte ich tun? Ich nahm die Karre, die schon auf dem Hof klapperte und knirschte, und fuhr mit meiner Frau zunächst zur Tankstelle. Wenigstens hatte der Landcruiser Allradantrieb. Bei jeder Kurve grüßten uns alle in den Schränken hinten befindlichen Utensilien lärmend. Das Schalten war für beide Parteien eine Qual. Nach dem Tanken, es war natürlich kaum noch Diesel im Tank, fuhren wir zurück ins Hotel. Das hatte zwei Einfahrten. Eine überdachte für PKW Fahrer und ein großes Tor zur Esplanade Street für die stolzen Caravanbesitzer.
Wir tranken Kaffee und langsam legte sich mein Zorn. Nur noch Empörung blieb. Neben uns war ein nettes älteres Ehepaar eingezogen. Wir grüßten uns kurz, ein paar Worte über Wetter und Wasser des Pools. Dann planten wir den weiteren Tag. Es war kurz nach 13.00 Uhr. Die Sonne schien. Bei der Rezeption gab es erfreulicherweise keine Schwierigkeiten, den Aufenthalt zu verlängern. So beschlossen wir, noch am Nachmittag einen der viel gepriesenen Nationalparks zu besuchen. Unser Ziel hieß Litchfield national Park.
Am nächsten Morgen erkundigten wir uns wieder in der Werkstatt des Herrn Kunze. Das Auto war kurz vor Darwin. Gegen 14.00 Uhr könnten wir es holen. Herr Kunze war sich da ganz sicher. So im Gespräch mit ihm erfuhren wir die Lebensgeschichte eines ehemaligen DDR Bürgers. Er war gelernter Landmaschinenschlosser, hatte auf dem Bauernhof des Vaters in Sachsen Anhalt gearbeitet. Dann in Halle als Mechaniker in einem Institut. Zwei Wochen vor dem Mauerbau ist er von einem Besuch bei Verwandten nicht mehr zurückgekehrt. Er arbeitete im Westen als Kfz Mechaniker. Mit einem Freund aus Augsburg ging er 1966 aus Abenteuerlust auf Weltreise. Ein VW Käfer hat die beiden bis Singapore gebracht. Darüber waren die dortigen VW Vertreter so erfreut, dass er sich überreden ließ, für VW in Singapore als Autoschlosser zu arbeiten. Nach einem Jahr trieb in die Fernsucht aber weiter. „Langsam und allmählich, in Etappen, habe ich mich bis Australien durchgearbeitet“ lacht der Meister bei der Erzählung. Über Indonesien erreichte er 1967 Darwin. Und sein Fachwissen, seine freundliche Lebensart erleichterten ihm den Start im selbstständigen Handwerksbetrieb. „Die Australier wissen sehr wohl deutsche Gründlichkeit und Verlässlichkeit zu schätzen“ war sein Meinung über die Chancen der Deutschen in Australien. Und wir erlebten, wie zwischendurch eine junge Frau mit einem Getriebedefekt beim Wagen zur Reparatur kam. „In einer anderen Werkstatt wäre ein neues Getriebe fällig. Wir ersetzten das defekte Teil. So spart die Kundin viel Geld“ meinte Kunze. „Das merken die Kunden bald und kommen immer wieder!“
Er ist mit einer Australierin verheiratet, hat drei Kinder, von denen aber keines die Werkstatt übernehmen will. „Lange mache ich das nicht mehr. Ich habe das meinige rein und mache nur noch weiter, bis es mir keinen Spaß mehr macht.“ Kunze ist ein Lebenskünstler. Aber einer von der Sorte, die Leistungen bringen und dafür alles nicht so dramatisch nehmen. Wenn er nicht schon in Halle so war, hat er den sonnigen australischen Way of Life gut übernommen. Er ist wahrscheinlich durch Nichts aus der Ruhe zu bringen und sah deshalb auch unser Missgeschick mit Swiss am Drive nicht so tragisch. „Sie haben doch als Übergang ein Auto. Dass mit der Handbremse ist schade. Aber die Reparatur würde ziemlich lange dauern. Die Fußbremse geht doch. Beim Parken Gang einlegen nicht vergessen. So kommen sie schon klar.“ Und ich konnte mich des Verdachtes nicht erwehren, dass er von der Handbremse schon bei der Übergabe wusste. Wäre ja im Falle eines Unfalls ein gutes Geschäft für die Werkstatt auf meine Kosten gewesen.////////.
Unser „Übergangsauto“ entwickelte sich langsam zu einer Nervensäge. Der Rückblickspiegel hielt nicht, fiel immer nach unten. Der eine Seitenspiegel fehlte, die Schrankklappen im Rückraum hatte ich mit Pflaster zugeklebt, damit die Teller und andere Utensilien nicht mehr ständig herausfallen. Bis auf den ersten und zweiten Gang ließ sich die Karre jetzt wenigstens schalten. Runter nur mit Zwischengas. Und das bei Automatikgetriebe Und als wir gegen die Sonne fuhren zeigte die Windscheibe einen Verstärkungseffekt. Trotz Vorbräune, trotz Lichtschutzcreme blieb uns der Sonnenbrand nicht erspart. Und den soll es ja, wissenschaftlich bewiesen, durch Windschutzscheiben angeblich nicht geben In Australien ist eben alles anders!
Nach dem Mittagessen ging ich zunächst allein in die Werkstatt. Der Meister winkte schon von fern. Der Wagen sei da. Alles in Ordnung. Ich glaubte es erst, als ich den Ford Falcon Stationswagen sah. „Das ist ein tolles Auto“ schwärmte Herr Kunze. „Auf 4000 Kilometer keinen Tropfen Öl verloren. Beeindruckend! Was?“ Und er nickte mir fragend zu. „Der Fahrer sagte mir, das Auto würde einwandfrei fahren und hatte auch kein Wasserverlust. Da brauche ich nicht noch mal nachzusehen.“ „Aber können bei 4000 Kilometer Non Stop nicht Verschleiß- oder Ermüdungsschäden auftreten?“ Ich war skeptisch. „Unwahrscheinlich!“ hörte ich als Antwort. „Und außerdem habe ich keine Erfahrung mit Automatikfahrzeugen.“ Na, Dankeschön! Schon war mein Misstrauen wieder geweckt. Und mehr noch, als ich das Übernahmeprotokoll ausfüllen und unterschreiben sollte. Wir listeten zusammen auf. Zahlreiche Lackdefekte, mehrmals reparierte Scheiben, jede Menge Kratzer, defekte Radkappen und bis auf den Wagenheber und einen Radmutterschlüssel kein Werkzeug, kein Abschleppseil. „Wozu brauchen Sie ein Abschleppseil“ wollte Herr Kunze wissen. „Hoffen Sie doch einfach, dass der Wagen, der bei ihnen anhält, eins hat“ Da war sie wieder, diese Philosophie vom Leben und Leben lassen. Die Regelung der Versicherung hatte ich schon im Kaufvertrag festschreiben lassen. Jetzt sah ich, dass ich das Auto nur pro forma kaufte.
Und wie die Geschichte weiter geht? Das müsst ihre schon im Buch nachlesen. Markus war auch meiner Meinung, dass hier die Wurzel für den nicht gerade optimalen Start der großen Tour liegt.
ditido
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Deutsche Pioniere in Australien

Post by ditido »

Die Rolle der Deutschen in Australien

Seitdem ich wusste, dass der Vater von Captain Arthur Phillip, der als Kommandeur der First Fleet die ersten britischen Siedler und Strafgefangenen nach Australia brachte, in Deutschland geboren wurde, sehe die Rolle der Deutschen bei der Eroberung des Landes durch die Weißen, nicht mehr so unbedeutend, wie es auch in DU manche britischen Verfechter darstellen wollen.
Natürlich waren bei den Besatzungen der VOC Schiffe, die schon im 17. Jahrhundert die Westküste Australiens anliefen, auch Deutsche.
Und bei der Expedition von Abel Tasman 1642 war der Kapitän Holleman, der das zweite Schiff Heemskerck führte, ein in Jever geborener Seemann.
Die Rolle von Ludwig Leichhardt bei der Erforschung des Kontinents habe ich im Forum und auch im Buch „Und immer weiter zur Sonne“ siehe http://www.ditido.de
geschildert.
Auch die Rolle von Herrmann Becker und Wilhelm Brahe bei der unglücklichen Burke- Wills Expedition 1860.
In dem Australienbuch interessierte und empörte mich damals, wie die britischen Australier mit den deutschen Australiern während der Weltkriege in DU umgingen. Kapitel wie „Australische Migration“, “The German Problem“ und „Die entzückende Umgebung von Adelaide“ erzählen darüber.
Nun stand im letzten Newsletter von Infobahn Australia, dass sich Studenten in Sydney mit den dortigen ehemaligen deutschen Pionieren beschäftigt haben, und darüber sogar kostenlose Führungen durchführen.
Da wird in http://www.shpoorenzoohe.com.au über Augustus Theodor Henry Alt, dem ersten Landvermesser der Kolonie und Phillip Schäffer, der die ersten Weinstöcke nach Australien brachte, berichtet. Beide kamen mit der First Fleet. Ob aber nun Alt oder Schäffer, der von anderen Quellen Peter Schaffer genannt wird, der Gründer von Parramatta war? Wen interessiert das heute noch? Es war auf alle Fälle ein Deutscher. Im frühen 20. Jahrhundert erwähnen die Studenten die Gebrüder Wunderlich, denen viel Sydneysider ihre roten Ziegeldächer verdanken. Ziegeldächer, die die hässlichen Wellblechdächer ablösen sollten.
Außerdem gibt es einen Hinweis auf den Österreicher Harry Seidler, der wegen seiner Naziverfolgung nach seiner Flucht 1938 nach Großbritannien als „Enemy Alien“ interniert wurde. Er kam 1948 nach Australien und wurde der bekannteste Architekt des Landes.
Natürlich gibt es noch mehr Deutsche, die die Spuren ihrer Tätigkeit auch in Sydney hinterließen. Aber ich bin sicher, dass die Studenten auch über diese Pioniere erzählen werden.
Meine Meinung über heutigen Sydneyer Geschäftsleute, die früher mal Deutsche waren, steht ebenfalls in meinem Australienbuch. Auch in Sydney sind nach einigen Enttäuschungen nur nur „echte “ Australier unsere Geschäftspartner gewesen.

Durch diesen Artikel motiviert wollte ich mich wieder mit der Rolle der Deutschen in Down under beschäftigen. Dabei stieß ich auf folgende Internetseite,

http://www.teachers.ash.org.au/dnutting ... /intro.htm

die auch über
http://www.germanaustralia.com

aufgeschlagen werden kann.
Eine so tolle Auflistung muß man einfach weiter empfehlen.
Viel Spaß beim Lesen.
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jumbuck
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Post by jumbuck »

Hier mal eine interessante Auflistung von deutschen Städtenamen in Australien (v.a. Südaustralien und Queensland):

http://www.onomastik.com/artikel_on/01_ ... ralien.php

http://www.onomastik.com/artikel_on/01_0324-orte1.php

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Post by ditido »

Die gesamten Internetseiten über Deutsche in Australien sind sehr interessant.
Ergänzen möchte ich die Hinweise von jumbuck noch mit der Erklärung, warum es z.B. in SA zu den Namensänderung kam.

Leseprobe aus "Und immer weiter zur Sonne"
„The German Problem!“

Bei Ausbruch des Krieges waren 10% der Einwohner von SA eingewanderte Deutsche. Zum Teil schon in dritter Generation hier lebend. „Enemy alien (feindliche Ausländer)“ waren sie auf ein Mal. Die britisch orientierte Regierung beschränkte die australischen Staatsbürgerrechte der ehemaligen Deutschen. Plötzlich standen alle unter dem Verdacht der Kollaboration. Insgesamt 66 deutsche Straßen- oder Platznamen wurden geändert. Aus Hahndorf wurde Ambleside. Das wäre vielleicht noch gegangen. Aber mit zunehmender Kriegsdauer und den vielen zu beklagenden Verlusten wurden deutschstämmige Australier ein gesuchtes Ventil für die Wut und Verzweiflung. Manchmal in absurden Proportionen. So bedrohte ein harmloses süßes Berliner Brötchen plötzlich die nationale Sicherheit. Man nannte es in Australien „Kitchener Bun (Küchenbrötchen)“. Leider hieß der britische Staatssekretär im britischen Verteidigungsministerium Lord Kitchener. Der Brötchenname war eine Staatsbeleidigung und wurde unter Strafe verboten. Schlimmer ging es mehreren hundert deutschen Männern, die man im Oktober 1914 auf Torres Island internierte. Die „deutschen Australier“ wurden geprügelt, beim Essen benachteiligt, mit Bajonetten verletzt und terrorisiert. Natürlich haben die Australier entsprechende Meldungen bestritten.........
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