Australia Day am 26. Januar

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Markus
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Australia Day am 26. Januar

Post by Markus »

Hallo,

nun ist auch schon wieder der jährliche Australia Day in Australien vorbei. Der Feiertag, der an den 26. Januar 1788 erinnern soll.
australia.stumpe.org wrote:Großbritanien began 1787 mit der Kolonialisierung Ostaustraliens. Captain Arthur Phillip (1738-1814) wurde zum Gouverneur von New South Wales ernannt und mit 700 britischen Gefangenen auf die lange Reise nach Australien geschickt. Phillip landete mit der unter dem Namen First Fleet bekannt gewordenen ersten Flotte am 26. Januar 1788 im heutigen Sydney. Dies war der Gründungstag der Kolonie. Dies war jedoch auch das Ende der wunderschönen Botany Bay.
Image
Zur Geschichte: http://australia.stumpe.org/geschichte/history_d.htm

Es ist natürlich auch hier sehr kritisch zu betrachten, dass nicht alle Beteiligten an diesem Tag damals etwas zu feiern hatten. Das Datum, welches heutzutage mit Feuerwerken und Feierlichkeiten in vielen Städten begangen wird, stellte für die Aborigines als auch für die Gefangenen Europäer ein Symbol für den Beginn vom Ende dar. So berichten heute einige Gruppen sogar öffentlich von einem Invasionstag.

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ditido
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Einige Bemerkungen zum Australia Day

Post by ditido »

Einige Bemerkungen zum Australia Day

Markus hat über den Australia Day (26. Januar) berichtet. Und dabei auch auf seine sehr schöne Darstellung der Entdeckung und Besiedlung von Australien hingewiesen.
Dieser regelmäßig am 26. Januar begangene Feiertag wurde bis vor wenigen Jahren nicht an diesem tag, sondern an dem, diesem Datum am nächsten gelegenen. Montag gefeiert, der somit ein freier Tag (verlängertes Wochenende!) war.
Für viele Australier sind die Feierlichkeiten zu sehr auf Sydney konzentriert. So genießen sie den freien Tag, ohne große patriotische Aktionen zu demonstrieren. Seit der 200 Jahrfeier 1988 hat sich das ein wenig geändert.
Der Tag wird in den einzelnen Bundesstaaten verschieden begangen. Auf alle Fälle nicht mit dem Pomp der Sydneysider. Immerhin kommen nicht die patriotischen Gefühle auf, wie am ANZAC Tag, der die Nation mehr vereint als der Australien Day, für den es, seitdem der damalige Gouverneur Lachlan Macquarie 1818 den 26. Januar zu einem Feiertag ernannte, immerhin schon fünf verschiedene Bezeichnungen gab.
In SA gibt es in Adelaide die bekannte „Australia Day Parade“. Und ansonsten kleine regionale Veranstaltungen.
Im Northern Territory steht in Darwin der Australia Day Fun Run/ Walk und ein „Big Aussie Breakfast“ im Mittelpunkt. Und das traditionelle Barbecue in Alice Springs.
Tasmanien beschränkt sich auf ein Radrennen und einigen Matineen.
Auch Victoria konzentriert die Feierlichkeiten auf die Hauptstadt. Das Australia Day Voyages Concert und die Eröffnung der Australian Open im Tennis sind neben dem abendlichen Feuerwerk die Höhepunkte.
Und in Western Australia beendet den Tag mit einem gigantischen Feuerwerk in Perth. Bis dahin genießet jeder eben den freien Tag in den Parks oder am Ufer des Swan River.
Aber in allen Staaten ist der Australia Day Anlass, neuen australischen Staatsbürgern feierlich in einem Einbürgerungsakt die Urkunde zu überreichen.
Die mit Abstand aufwendigste Feierlichkeit läuft in Sydney ab. Unter dem Hinweis, dass die Entwicklung Australiens in Sydney begann, sind irgendwelche Feierlichkeiten für die Vielzahl der Australier außerhalb von NSW eigentlich nicht von großem Interesse.
Eigentlich soll nach Willen der Politiker der Australia Day alle Menschen des Kontinents, unabhängig von Herkunft und Hautfarbe vereinen. Gemeinsam soll man den Zusammenhalt der Nation seit der Besiedlung des Landes feiern.
Und da beginnt das Problem. Nicht alle Ureinwohner sind damit einverstanden, dass die Feierlichkeiten in Sydney jährlich mit "Woggan ma gule", einer Aborigines Zeremonie, beginnen. Hier wird im Tanz eine Geschichte aus der Vergangenheit erzählt. Eine Zeremonie, die die Ahnen verehrt und das Land reinigen soll. Was immer man darunter verstehen möchte.
Eigentlich nannten die Ureinwohner diesen Feiertag schon immer den „Invasions- Day“. Und als 1988 die Aborigines erstmals mit den Namen „Tag der Invasion und der Schande“ oder aber „Tag des Überlebens“ und „Trauertag“ an die Öffentlichkeit traten, wurden sie gleich zu „militanten Aborigines People“ abgestempelt.
Und hier ist dann wohl auch die richtige Stelle anzuführen, dass die von den Weißen eingeführte Bezeichnung Aborigine für die Ureinwohner als Beleidigung gilt. Dabei war der Name, der sich vom Lateinischen „ab origine“ (Ureinwohner) ableitet und an jenes sagenhafte Stammvolk der Latiner erinnert, nicht als abwertend oder beleidigend gedacht.
„Abo“ wird sogar offiziell als hochgradig unkorrekte Bezeichnung betrachtet. Des Weiteren gibt es eine Forderung der Ureinwohner, dass Begriffe wie Aboriginie nicht mehr verwendet werden sollen. Man hat sich auf die Bezeichnung „Indigenous People“ (einheimisches Volk) geeinigt. Wenn man den Begriff „Aboriginal“ noch verwenden will, muß man aufpassen. Als Adjektiv ist „Aboriginal“ großgeschrieben, politisch korrekt. Also bezeichnet „Aboriginal People“ die Ureinwohner Australiens, zum Unterschied zu „aboriginal people(s)“ in anderen Ländern. Die Verwendung als Substantiv oder mit kleinem „a“ stellt für die Ureinwohner eine Beleidigung dar.
Hier erinnert mich die Diskussion sehr an die Einwohner Afrikas, wo der Begriff „Afrikanerr“ legitim, die Benennung als "Schwarze" schon dikrimierend und die Bezeichnung „Neger“ aber eine schwere Beleidigung bedeutet.
Man liegt also immer richtig, wenn man in Deutsch von „Ureinwohnern“ oder besser noch von „australischen Ureinwohnern“ spricht. Auch die Verwendung der Bezeichnung „indigene Australier“ ist korrekt, aber wohl gewöhnungsbedürftig. Das lateinische Wort „indigena“ bedeutet einheimisch.
Im englischen Sprachgebrauch hat sich „Australien Info“ entschlossen nur noch die Begriffe „Aboriginal People“ oder „australische Ureinwohner“ zu verwenden.

Die australischen Ureinwohner selbst versuchen durch die vermehrte Betonung der Selbstbezeichnungen, die auch überregional sein können, den Begriff „Aboriginal“ gänzlich zu umgehen.
Vereinfacht kann man sich für die Küstenregionen merken:
Osten : Murri
Südosten : Koori
Süden : Nanga
Südwesten : Nyungar
Westen : Wonghi


Wer darüber noch mehr wissen will findet eine sehr schöne Auflistung der Namen bei Australien- Info.
Wichtig scheint mir für die vielen Uluru Besucher, dass man dort mit dem Namen Anangu, was so viel wie Menschen bedeutet, immer richtig liegt.
Es wird wohl nicht mehr lange dauern und die australischen Ureinwohner werden den Australia Day vermehrt für die Demonstration ihrer politischen Ziele nutzen. Ansätze sind schon vorhanden.
Ich glaube, wir müssen in Zukunft noch viel lernen, um die australischen Ureinwohner zu respektieren. Auch ich werde ab sofort nur noch die von Australien- Info vorgeschlagenen Bezeicnungen verwenden.
Dier entsprechenden Texte im Australienbuch kann ich leider nicht mehr ändern.

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Re: Australia Day am 26. Januar

Post by ditido »

Hallo, an solchen Fixpunkten merkt man immer wieder, wie schnell doch ein Jahr vergeht. Wir haben 2007 hier im Forum ziemlich ausführlich über diesen Feiertag geschrieben.
Ich bin gespannt, ob die Regierung unter PM Rudd an diesem Tag Stellung nehmen wird, zum Leben des Aboriginal People in Australia und zum noch nicht abschließend geklärten Konfilkt im NT.
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Markus
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Re: Australia Day am 26. Januar

Post by Markus »

Hallo,

ich bin seit Tagen auch schon gepannt auf die (Re-)Aktionen der Australischen Regierung. Wird sie den Feiertag der Weißen Eroberer jemals in einen Trauertag der Ureinwohner umwandeln? Nach den vielen Jahren der Vorgängerregierung könnte auch an dieser Stelle ein "frischer Wind wehen", der die Flotte von Captain Arthur Phillip in eine andere (gedankliche) Richtung lenken kann. Wie wird Sie das Andenken an die erlittenen Qualen der Ureinwohner würdigen?

Andererseits: Können wir (die sog. "Weißen") heute in 2008 noch für die grausamen Taten derer von 1788 verantwortlich gemacht werden?

Ein Gedankenspiel der Kategorie "Was wäre wenn":
Hätten die Ureinwohner Australiens damals bessere Boote und Schiffe aus der Fischerei heraus entstehend gebaut, und hätten sie die Weltmeere befahren. Was hätte dann passieren können? Hätten sie sich so grausam wie seinerzeit die Europäer benommen?

Das sind so einige Gedanken, die mir zum bevorstehenden 26.01. durch den Kopf gehen. Für mich ist und wird dies immer einer der kompliziertesten Feiertage sein...

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Re: Australia Day am 26. Januar

Post by ditido »

Das Statement des neuen Premier Minister K. Rudd zum Australia Day 2008 war, wie nicht anders zu erwarten, nur allgemein.

http://www.canada.embassy.gov.au/otwa/PR080122.html

Eine konkrete Aussage zu den schwelenden Fragen des Lebens mit dem Aboriginal People gab es nicht.
Aber auch so massive Proteste der Ureinwohner wie 2007 sind bis jetzt nicht gemeldet. Es bleibt nur dabei, dass man den 26. Januar erneut als Invasion Day oder als Day of mourning bezeichnet.
Mal abwarten, was morgen im Internet so alles zu lesen ist.
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Re: Australia Day am 26. Januar

Post by ditido »

Heute (27.01.) hat mir ein Bekannter aus Sydney auf meine Frage eine Antwort Mail geschickt. Ihm sind keinerlei Protestaktionen des Aboriginal People anläßlich des Australian Day bekannt.Und auch keiner der "Officials" ist in den Reden auf die Beziehungen zu den Ureinwohnern eingegangen. Nach seiner Meinung interessieren sich noch weniger Weiße als 2007 für das Schicksal der Ureinwohner, die als faul und arbeitsscheu, als Sozialschmarotzer mittlerweile vom Großteil der Gesellschaft angesehen werden.
Und bei allem Verständnis. Durch diese konsequente Leugnung der realen Verhältnisse stoßen die Ureinwohner viele ihnen positiv gesonnene Bürger ab.
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Re: Australia Day am 26. Januar

Post by ditido »

Es gab aber doch zum Australia Day 2008 "Lichtblicke" im wahrsten Sinne des Wortes am Himmel.
Erstmals haben die Sydneysider am Australia Day "sorry" an den Himmel der Millionenmetropole geschrieben.
Auch Aboriginal Leader stimmen während der traditionellen Zeremonie "Woggan ma gule" am Morgen des Feiertages versöhnliche Töne an.
Naja, vielleicht geht da doch noch was? Wäre für alle Seiten gut!
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