Die Rolle der Frau in Australien

Versuch einer beschreibenden Analyse - Situation der Ureinwohner in Vergangenheit und Gegenwart / Hier wird nur gelesen, Diskussionen bitte im Forum "Land und Leute / Teil 1" oder im Thema "Geschichten der Ureinwohner Australiens".
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ditido
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Die Rolle der Frau in Australien

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Die Artuni Story
Nur 400 Kilometer nördlich von Adelaide, nur wenige Autostunden entfernt, liegt die Flinders Ranges. Ein Gebirgszug der erst 1802 entdeckt wurde.
Hier befinden sich konzentriert in Höhlen, an Canyon Felsen geheimnisvolle gemalte oder geritzte Zeichnungen (Vögel, Kängurus, Schlangen, Reptilien und Menschen) und Zeichen (konzentrische Kreise, lineare Parallelogramme und Bögen) aus der Urzeit. Experten schätzen, dass es sich um über 30.000 Jahre alte Heiligtümer der Aborigines handelt, die hier zeremonielle Stätten und Meeting Plätze haben.
Etwa sechs Kilometer nördlich von Leigh Creek liegt der kleine Ort Copley. Hier hat sich eine kleine Gruppe Interessierter gefunden, die sich der Traditionspflege verschrieben haben. Informationen über die einstige Railway Stadt, über The Old Ghan, aber auch über die ersten Siedler und den Bau der Overland Telegraph Line sind hier ebenso zu bekommen, wie Hinweise auf das Leben der Afghan Cameleers Lebens. Außerdem beschäftigen sich einige mit esoterischen Aspekten uns Ufos. Alle Bewohner sind sich einig, dass Copley der beste Ausgangspunkt zur Erkundung der North Flinders Ranges ist. Also werden auch entsprechende touren angeboten.
In Copley erfuhr ich zum ersten Mal die Geschichte über die sieben Schwestern. Nach den Legenden der Ureinwohner kamen vor langer, langer Zeit, in der Traumzeit, sieben Schwestern von den Plejaden - Artuni, einem Siebengestirn im Sternbild Stier, auf die Erde, um der Menschheit die Gesetze des Universums zu lehren. Sie erreichten die Erde zuerst in die Gegend des heutigen Whyalla. Dort hinterließen sie in einer Höhle die Abdrücke ihrer Hände und Füße. Ihr Weg führte sie nach Norden, entlang der Flinders Ranges auch in die Gegend des heutigen Copley. Und die Copleyites meinen, dass bei Ihnen der Oodnadatta Track, als einer der Traumzeitwege der sieben Schwestern beginnt.
Die Schwestern arbeiteten mit den Geistern und Schutzengeln des Landes zusammen. Nämlich in der Northern Flinders Ranges. Eine der Schwestern zog die Bewunderung und Anhänglichkeit der Regenbogenschlange Arkurra auf sich. Die Story erzählt, dass die Schlange eines Abends versteckt hinter einem Busch die sieben Schönen beim Bad in einem Pool bei Sonnenuntergang beobachtete. Begierde erfüllte ihr Herz. Der „Große Geist“ schaute hinunter und warnte die Schlange. „Tu nicht einmal daran denken!“ Diese Warnung erfüllte die Schlange mit Wut. Und sie aß die sieben Schwestern auf. So kamen im wahrsten Sinne des Wortes die Frauenrechte in die Münder der Männer. Frauenrechte, die bis heute von den Männern gesprochen und eingehalten werden.
Die Geister der sieben Schwestern flogen zurück zu den Plejaden. Und sie waren beunruhigt, weil eine der Schwestern, von den Sternen den Schmerz der Schlange Arkurra beobachtete und Mitleid ihr Herz erfüllte. Sie beschloss zurück zur Erde zu fliegen. Genau so wie nach der griechischen Sage einst Persephon (besser als Proserpina oder Core bekannt) sich entschloss wieder zu Pluto in die Unterwelt zurück zu kehren. Diese Schwester verkörperte auf der erde einen Quandong Baum (ein australisches Sandelgewächs, Santalum acuminatum). Und so wurde die pfirsichähnliche rote und süß schmeckende Quandong Frucht für die Ureinwohner zur Frucht der Liebe. Und die Frucht scheint tatsächlich als Aphrodisiakum zu wirken. Davon kann sich im "Quandong Café and Bush Bakery" an Fionas Käsekuchen mit Quandong-Füllung überzeugen. Auf alle Fälle sind die Früchte äußerst vitaminreich.
Die Adnyamathanha (Volk der Hügel oder Bergvolk) sind der Oberbegriff der früher in der Flinders Ranges lebenden Ureinwohnergruppen (Jadiaura, Kuyani, Piladappa Pangkala und Wailpi). Ihre Legenden erzählen, dass, wenn sie zu der Plejadengruppe schauten, immer ein Stern ein wenig verschwommener zu sehen war. Und sie meinten, dass das die verliebte Schwester sein muß, die aus Liebe zur Erde zurück kehrte und sich nun ausruht.
Nach der Auffassung der Copleysider ist einer der Wege der sieben Schwestern der Oodnadatta Track. Aber es gibt eben viele „Seven Sisters Dreaming Tracks“ und Songlines, so wie es eine Unzahl von Geschichten über die sieben Schwestern gibt, die in allen einheimischen Kulturen vertreten sind. (Songlines ist ein Name, der aus der Aborigines Geschichte stammt. Die Ureinwohner orientierten sich auf den riesigen Kontinent ohne Kompass und Karten an mit in Liedern gefassten Pfaden. Für einen Europäer unvorstellbar).
Und schon sind die Esoteriker da mit ihrer Vorstellung, dass die benannten Wege ein Netzwerk darstellen über das man die außerirische Energie der sieben Schwestern von den Plejaden empfangen kann. Regelrechte Pilgerfahrten mit „Energiezeremonien“ werden organisiert. Das ist übrigens eine Tendenz die in irgendeiner Form in allen Kulturkreisen zu finden ist. So wie es auch in allen Kulturkreisen Geschichten über die sieben Schwestern geben soll.
Und „Uncle Ken McKenzie“, der Adnyamathanha Senior Man sieht das ein bisschen anders, wenn er über die Traumzeit berichtet. „Wenn ihr die großen Traumzeit Tracks in unserem ursprünglichen Land wandert, erfreut euch am guten Essen und der Kameradschaft, setzt euch zusammen ans Feuer und genießt den unendlichen Raum, die Sterne und die Stille. Du wirst die Songlines durch die Freude und deine Gegenwart bereichern. Die Menschen sind die Songlines“.
Und wieder stellt sich für mich die Frage, die ich in jeder Geschichte über die Ureinwohner mir stelle. Ist das das Gedankengut eines zurückgebliebenen Steinzeitvolkes? Die Aborigines haben ihren Glauben, ihre Lebens- und Denkweise zueinander nicht verändert.
Das tun wir „zivilisierten Gesellschaften“ aber täglich und unaufhörlich zum eigenen Nachteil im Leben miteinander.
Natürlich gehört hierher auch die Geschichte über die Regenbogenschlange Arkurra. Wer mein Australienbuch hat, findet auf Seite 696 darüber einen Hinweis. Im Buch schrieb ich über die Rainbow serpent Wanambi. Und erwähnte dass das Volk der Adnyamathanha sie Arkaroo nennt. Was es mit den Namen auf sich hat, und wie die Ureinwohner die Rolle der Regenbogenschlange in der Urzeit im Gebiet der Gammon Ranges erklären, das wird meine Geschichte zu Ostern sein.
ditido
Last edited by ditido on 18. July 2007 09:37, edited 3 times in total.
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Entwicklung der Frauenrechte in Down under
Wo anders als in Süd Australien findet man Ansätze, um über die Rolle der Frau in der australischen Gesellschaft zu reden. In einen der Bücher habe ich schon diese Besonderheiten angedeutet. Vielleicht war das der Auslöser, dass ich bei Vorträgen über Australien häufig über die Rolle der Frau in der australischen Gesellschaft gefragt werde.
Eigentlich müsste Down under ja eine Männergesellschaft sein. Schon bedingt dadurch, dass seit der Besiedlung durch die Europäer 1788 immer ein Männerüberschuss herrschte.
In dem Roman „Das Freudenschiff“ von Sian Rees wird erzählt, wie die Briten Ende des 18.Jahrhunderts weibliche Kleinkriminelle, Dienstmädchen und Prostituiert, in der Hoffnung im neuen Land eine bessere Chance als das Vegetieren in den kalten feuchten britischen Gefängnissen zu haben, nach Australien brachten. Aus dem Originaltitel „The floating Brothel“ (Das schwimmende Bordell) wird schon vor dem Lesen klar, wozu dieser Transport gedacht war. Befriedigung von sexuellen Bedürfnissen. Schon auf der Überfahrt mussten die über 200 Frauen die sexuellen Wünsche der 35 Offiziere erfüllen. Dabei nahm die Admiralität eine Schwängerung wohlwollend zur Kenntnis. Sollte doch so eine neue, englische Bevölkerung in Australien aufwachsen. Die der Kolonisatoren. Und bei einer Reise von über einen Jahr blieben Geburten nicht aus. 60 Garnituren Babywäsche führte die „Lady Juliana“ schon vorsorglich mit. Paare, die sich auf dem Schiff in einer echten Liebesbeziehung fanden, wurde bei einer Heirat in Australien 20 Hektar Land geschenkt. Und pro Kind gab es noch vier Hektar obendrauf.
Die Siedler in Sydney, die ein Schiff mit benötigten Utensilien erwarteten, waren zunächst enttäuscht. Über die dann erfolgte „Aufteilung“ der Frauen gibt es verschiedene Darstellungen und Versionen. Bleiben wird die Tatsache, dass die Briten wieder einmal Menschen wie Schachfiguren, unter Missachtung der primitivsten Persönlichkeitsrechte, behandelten.
Trotzdem wurden Frauen in Down under immer mehr res-pektiert und akzeptiert als in vielen anderen Ländern. Das liegt in der knapp über 200 jährigen Geschichte begründet. 1788 landeten unter Cpt. Phillip 1500 Personen in der Bucht des heutigen Sydney. Darunter befanden sich auch 249 Frauen, von denen 56 verheiratet waren. Statistisch kamen somit auf jede der Frauen 6 Männer. Probleme vorprogrammiert. Allein schon wegen der überheblichen und dünkelhaften Offizierskaste, aus dem später das berüchtigte Rum Korps hervorging.
Romantische Liebesgeschichten, die aber auch von der Härte des Lebens einer Frau in Down under berichten, gibt es zuhauf. Zumal vielen Männern in der Kolonie ziemlich schnell klar wurde, wie wichtig und lebensbejahend der Kontakt zu einer Frau ist. So entstand schon Ende des 18. Jahrhunderts in der Strafkolonie eine besondere Art Achtung und Rücksichtsnahme, die ansatzweise noch heute erkennbar ist. Zum Beispiel, als die Serviererinnen beim Oktoberfest 2005 die australischen und neuseeländischen männlichen Besucher als die höflichsten von den ausländischen Gästen einstuften. Eine Bewertung, die die Aussies bei Gesprächen in Down under immer gern zur Kenntnis nehmen.
Und diese Achtung vor Frauen nahm auch die Prostituierten nicht aus. Noch heute erinnern Tafeln oder kleine museale Zimmer an das Wirken einen „Miss Kitty“ irgendwo im Goldfeld. Und die Bordelltouren von Kalgoorlie, buchbar im Visitor Centre, haben noch heute regen Zuspruch.
Zu Beginn des Goldrausches 1851 kamen bei den 400 Tau-send Australiern 142 Männer auf 100 Frauen. Und diese Relation besserte sich allmählich. Es dauerte jedoch bis 1947 (Populate or Perish!), dann war der Ausgleich erreicht. Von den 7,8 Millionen Einwohnern waren 3,8 Millionen Frauen. Aber in der Altersgruppenverteilung haben die Frauen heute erst ab dem 60. Lebensjahr eine Mehrheit.
In der Migrationsforschung wurde die Zahl der emigrieren-den Frauen viele Jahre stets unterschätzt oder nicht beachtet. Obwohl schon der Begründer dieser Forschung, der Demograph Ernest George Ravenstein, 1855 niederschrieb. „Frauen wandern mehr als Männer. Da mag denjenigen überraschen, der die Frau mit einem Leben im Haushalt assoziiert. Die Unterlagen der Volkszählung sind jedoch ein eindeutiger Beweis. Weiterhin wandern Frauen auch nicht bloß von ländlichen Gegenden in die Städte ab, um Beschäftigung im Haushalt zu finden, denn die Abwanderung in bestimmte Manufakturbezirke ist ebenso häufig, Die Werkstatt steht in harter Konkurrenz zur Küche.“
Bis Ende des 19. Jahrhunderts war das Motiv der Frauen, die allein nach Australien kamen ganz selten in dem Wunsch nach einer beruflichen Perspektive zu sehen. Trotzdem sicherten diese Frauen, ohne zu klagen, während der Weltkriege an der „Heimatfront“ das Weiterfunktionie-ren der Wirtschaft
Heute sind berufliche Qualifikationsmöglichkeiten, interessante Aufgabengebiete, guter Verdienst die Hauptgründe für eine Zuwanderung. Auf keinem Fall überwiegt der Wunsch, als Hausfrau am heimischen Herd zu stehen.
In Kalgoorlie haben wir auch die eindrucksvollste Ausstellung über das Leben der Frauen im Outback, auf den Farmen, bei den Minern gesehen. Neben den zum Teil sechs Kindern, den Haushalt und die Sorge um die tägliche Ernährung arbeiteten sie hart mit. Ob auf der Farm oder in kleinen Nebenjobs, um Geld für den Lebensunterhalt mit zu verdienen. So waren sie nicht nur Ehefrau, Mutter, Geliebte, Trösterin, Krankenpflegerin, sondern trugen auch aktiv zur wirtschaftlichen Existenz bei.
Da blieb nicht viel Zeit für Fragen der Emanzipation oder politischer Mitbestimmung. Noch heute gibt es in Australien keinen bezahlten Mutterschutz.
Die erste Geschichte über die Emanzipation der Frauen erzählten schon die Aborigines in einer ihrer Legenden, die ich als Artuni Story in der Flinders Ranges und in der nach-folgenden Version gefunden habe.
Natürlich hatten auch die Ureinwohner schon längst die offenen Sternenhaufen am Winterhimmel gesehen, Maya- mayi nannten sie die in Europa als Plejaden bekannten Gestirne, die nach Meinung der alten Griechen, sie sieben Töchter des Atlas sein sollen. Und wie alle Naturvölker fanden auch die Aborigines eine Erklärung für diesen Ster-nenhaufen. So soll eines Tages Wurrunna, ein junger Ureinwohner auf seiner Wanderschaft auf eine Siedlung getroffen sein, in der sieben junge Frauen in Einsamkeit und Zufriedenheit zusammen lebten. Wurrunna blieb eine Weile bei Ihnen und war entzückt von den Frauen und ihren Kochkünsten. So beschloss er, zwei von ihnen zu heiraten.
Wie wir es schon bei der Geschichte von den drei Schwestern in den Blue Mountains hörten, mußte nach den Bräuchen der Ureinwohner, wenn man eine Frau von einem an-deren Stamm heiraten wollte, diese entführt werden. Als die Frauen auf der Suche nach Yam Wurzeln, ein auch den Aborigines bekanntes besonders bei Frauen wirkendes Na-turheilmittel waren, legten sie ihre Bumerangs zur Seite. Und Wurrunna stahl zwei Stück. Ein Bumerang war für das Überleben im Outback sehr wichtig. Deshalb suchten die Besitzerinnen danach, während die anderen fünf schon zu den Hütten gingen. Nun hatte Wurrunna leichtes Spiel. Er entführte die beiden Frauen, brachte sie zu seinem Heim und zwang sie zur Heirat. Die Bumerangs versteckte er.
Die Wochen vergingen, und nach etlichen Fluchtversuchen schien ein Entkommen aussichtslos. Beide schienen sich in ihr Schicksal zu fügen. Und Wurrunna war sich der beiden Frauen sicher. Bald schickte er seine Frauen nach der Rinde eines bestimmten Baumes auf einen weiten Weg. So lachte er nur, als sie ihm sagten, sie würden fliehen.
Die Frauen fanden den Baum und kratzten an seiner Rinde. Plötzlich begann. der Baum zu wachsen, und trug die beiden Frauen hinauf zum Himmel. Dort warteten schon die fünf anderen Schwestern auf sie. Für die Ureinwohner ist das Sternbild Maya-mayi das Symbol für die wohl erste Geschichte der Emanzipation. Ein sichtbares Beispiel, sich dem Willen des Mannes zu widersetzten!
Eigentlich war es nicht die Absicht der ersten Frauenrechtlerinnen in Australien, sich den Männern zu widersetzen. Sie leiteten nur unter Hinweis auf dem Anteil der Frauen bei der Gestaltung des Landes und der Familie deren Recht zur Mitbestimmung ab. Und die Suffragetten Australiens sind, nicht wie in Europa, verlachte oder verspottete antiweibliche Blaustrümpfe. Es sind geachtete und zum Teil berühmte Frauen, Schriftstellerinnen, Politikerinnen, Juristinnen, die seit 1886 für die Gleichberechtigung der Frauen eintraten. Und dazu gehörte als erste Voraussetzung das Wahlrecht. Im Parlament von SA stimmten 31 der 44 Abgeordneten 1894 dafür. 1896 gingen in South Australia erstmals Frauen zur Wahl. Das hatte es vorher nur in Wyoming (USA) gegeben. Zwar gab es in Neu Seeland theoretisch seit 1883 ebenfalls das Frauenwahlrecht. Davon konnten die Frauen aber erst 1913 Gebrauch machen. In Australien dagegen wurde 1897 Catherine Helen Spence als erste Kandidatin für ein politisches Amt vorgeschlagen. 1902 stimmte auch das Parlament in NSW dem Frauenwahlrecht zu. Notgedrungen zog Großbritannien im „Commonwealth Franchice Act“ nach. Alle Frauen bekamen 1902 das Wahlrecht. Das war ein erster Schritt für die Gleichberechtigung. Aber der weitere Weg war schwer. Trotz 51.497 Stimmen schaffte es Vida Goldstein 1903 nicht, als erste Frau des Empire einen Sitz im australischen Senat zu bekommen. So kandidierte ebenfalls Moore Bentley 1903 erfolglos für einen Sitz im Senat von NSW. Trotz Erfolglosigkeit gaben diese Beispiele vielen Frauen und auch Männern Mut und Hoffnung, weiter zu kämpfen. Denn da war auch Dr. Pat O’Shane. Die als erste Aborigine in Queensland promovierte, einem Landesministerium vorstand, später als Richterin arbeitet und zum Schluss Kanzler der Universität von New England in NSW wurde.
Zwar immer nur Einzelbeispiele, die aber das Flämmchen Hoffnung am Brennen hielten und Mut machten. 1907 wurde Florence Parsons als erster weiblicher Architekt in NSW zugelassen. Eine weitere Männerdomäne war geknackt, zumal ihre Häuser besser und preiswerter waren, als die der männlichen Konkurrenz.
Zwischendurch immer mal lustige Einlagen, die von vielen aber verbissen Ernst genommen wurde. So der Streit von 1911. Ganz Australien beteiligte sich an der Diskussion, ob Männer und Frauen gemeinsam baden dürfen. Allerdings wurden nur männliche Kommentare veröffentlicht.
Aber schon damals lernten in Sydney am Lehrer Kollegium Frauen und Männer in gemeinsamen Kursen, ohne das je-mand daran Anstoß nahm.
Edith Cowan brach 1920 ein weiteres Männervorrecht. Sie gewann überlegen das Mandat in West Perth als Abgeordnete des Australischen Parlaments, kämpfte auf verschiedenen Ebenen für die Rechte der Frauen und half bei der Gründung der „Children Protection Society“.
Und dann Rom Mitchell. Früher eine bekannte Rechtsanwältin für Arme und Unterdrückte wurde sie 1961 Australiens erste weibliche Beraterin der Queen, und galt 1964 als einzige Frau, die als Richterin in England und Australien zugelassen war. Australiens erster weiblicher Gouverneur 1991!
Nach dem 1. Weltkrieg schien der Kampf um Mitsprache und Emanzipation leichter zu führen. Aber zur erreichen war das Ziel eben nur durch Kampf. Ein letztes Beispiel wären Lilan Armfield und Maud Rhodes. Zwei heute noch in Australien bekannte Frauen. Nach jahrelangem Protest-schreiben und Bekundungen von Frauen und Männern an die Regierung von NSW wurden beide 1915 schließlich doch in das NSW Police Department aufgenommen. Unter 500 Bewerbern hatten sie die Eignungsteste hervorragend bestanden und auch die Probezeit erfolgreich absolviert. Obwohl vereidigt und beamtet bekamen sie weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen. Maud heiratet 1922 und schied aus dem Polizeidienst aus. Lilian wurde zur Legende. 33 Jahre diente sie im Police Department, war zuletzt als Detektiv im CIB (Criminal Investigation Branch) tätig, wurde häufig befördert und hoch dekoriert.
Mein Eindruck bei den häufigen und zum Teil auch langen Aufenthalten in Australien ist, dass die Frau von heute im gesellschaftlichen Leben und in der Politik mehr anerkannt wird als in Deutschland. Die wohl letzte Männerbastion im öffentlichen Leben, der Job als Lebensretter am Badestrand, ist mittlerweile auch erobert.
Doch in der Wirtschaft und in den Aufsichtsräten, in Managerfunktionen ist das noch nicht so. Bei einem Treffen von Frauen in verantwortlichen Positionen aus den USA, aus Frankreich, England und Deutschland war der generelle Tenor, dass die Frau, um in eine solche Führungsposition zu gelangen, bedeutend mehr leisten und kämpfen muß als ein Mann.
In Down under sind 40% der Arbeitnehmer Frauen. Durch Frauen, nämlich die Beschäftigten im Gesundheits- und Betreuungssektor, wurden auch die meisten Streiks gegen schlechte Arbeitsbedingung organisiert.
Die Frauen in Australien genießen ihre erkämpfte Stellung auch in der Familie. Allmählich sind das wirtschaftliche Sagen und die Verwaltung des Einkommens auf die Frau übergegangen. Nicht selten sieht man am Sonntagvormittag Frauen beim Frühschoppen. Und gemeinsame Urlaubsreisen von Freundinnen sind genauso angesagt wie das Mitspra-che- oder sogar Entscheidungsrecht bei familiären Dingen, „Die Männer sollen auch mal was im Haushalt tun“ ist ein häufig gehörter Kommentar. „Deshalb sind wir froh, dass die aus dem Barbeque eine Männerdomäne gemacht haben. Einschließlich anschließenden Aufwaschs der gebrauchten Gegenstände“ sagte mir eine der Gesprächteilnehmerinnen im German Club Adelaide unter zustimmenden Nicken der anderen Frauen.
Es ist typisch für die Australierin, dass sie umworben sein möchte und beim gemeinsamen Weggehen auch die volle Aufmerksamkeit des Partners erwartet.
In einem Pub haben wir eine Gruppe junger Leute erlebt. Die jungen Männer gingen sofort zur Bar und tranken. Die jungen Frauen spielten etwa 40 Minuten Billard, gingen dann zur Bar und fragten „What’s on?“ Bekamen aber von ihren „Begleitern“, die im angeregten Gespräch waren, keine Antwort. „Bye“ sagten die Mädels und gingen.
Unter Gleichberechtigung versteht die Australierin auch die Würdigung ihrer täglichen Leistung. Und natürlich sorgt sie auch dafür, dass der Mann diese erfährt.
Erstaunlich für mich war, dass Australierinnen, die ehema-lige Deutsche sind, weniger tolerant und locker mit Kritik oder kleinen Neckereien umgehen können als die in Down under Geborenen. Obwohl sie relativ unpolitisch denken, haben sie sich auf die Anti- Howard Kampagne eingeschossen. Sie pflegen, wie in mancher deutschen Kleinstadt, auch in den German Clubs den internen Klatsch. Diese Clubs haben aber keine große Perspektive mehr, da junge Menschen sich für angebliche Traditionspflege des „Deutschtums“ einen Dreck interessieren. Und das ist gut so.
Am schlimmsten fand ich bei den Diskussionen den von den anderen unwidersprochenen Kommentar einer fast 80 jährigen Dame, die aber geistig und körperlich noch sehr rüstig war. Sie wünschte sich den „White Australian Policy“ wieder in Australien. Dieses Gesetz, zunächst 1856 in Victoria zur Einwanderungserschwernis für Chinesen geschaffen, wurde später auf alle nichteuropäischen Siedler ausgedehnt. Erst 1973 wurde es offiziell abgeschafft. Aber wohl nicht in allen Köpfen!
Und irgendwie mußte ich bei den Gesprächen mit den Australierinnen immer an die Worte des ehemaligen Bayern von Alois, den wir in Mt. Barker kennen gelernt hatten, denken. „Eigentlich sind die Menschen überall gleich.“
Oder doch nicht. Ich habe erfahren, dass in Down under zunehmend Frauen mittleren Alters als Pflegerinnen für ehemalige Deutsche gesucht werden. Die erhöhte Lebenserwartung zeitigt in Down under ein sehr interessantes Phä-nomen. Bei schon länger in Australien lebenden älteren Deutsche kommt es mit zunehmendem Alter zu einem Verlust des „Kurzzeitgedächtnisses“. Der „ehemalige“ Deutsche spricht plötzlich nur noch Deutsch, weiß nicht, dass er in Australien ist, versteht nur noch wenige englische Worte und hat eine akribische Erinnerung an seine Jahre in Deutschland.
ditido
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