Geschichten aus der Traumzeit

Versuch einer beschreibenden Analyse - Situation der Ureinwohner in Vergangenheit und Gegenwart / Hier wird nur gelesen, Diskussionen bitte im Forum "Land und Leute / Teil 1" oder im Thema "Geschichten der Ureinwohner Australiens".
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ditido
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Die Legende von All Father Baiame

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Die Legende von All Father Baiame
Sicherlich ist dem aufmerksamen Leser aufgefallen, dass in der vorigen Geschichte plötzlich Namen wie der allmächtige Gott oder Gottvater auftauchten, die eigentlich keinen Bezug zu den Traumzeitgeschichten haben können. Denn es gab für die Ureinwohner keinen allmächtigen Gott. Je nach Gebiet und Sprache war alles eben das Werk von spirituellen Wesen. Und die Abgeschiedenheit der Völker untereinander kommt vielleicht gerade an dieser Kardinalfrage am besten zum Ausdruck, da es je nach Stamm verschieden spirituelle Wesen oder Geister gibt, denen der Anfang zu verdanken ist und die irgendwie immer das Gleiche tun. Die Ureinwohner von Tasmanien zum Beispiel waren da das abgeschiedenste Aboriginal People, denen nicht einmal der Bumerang bekannt war.
Der Missionar William Ridley, der sich außerdem noch mit Sprachforschung beschäftigte, adoptierte für den Namen Gottes im Rahmen der Christianisierung einfach Baiame, den schöpferischen Helden und Stammes- Ahnen. Er übersetzte unter andern auch 1856 die Schöpfungsgeschichte in Gamilaraay, der Sprache den Kamilaroi. Und da Gott nichts anderes schuf als Baiame, tat ihm das Volk der Kamilaroi eben den Gefallen statt Baiame God Father zu sagen.
Baiame ist der schöpferische Ahne in den Träumen vieler schon erwähnter Sprachgruppen, wie Kamilaroi, Eora, Darkinjung und auch Wiradjuri.
Er ist der Held, der vom Himmel kam, um die Lebewesen, das Land, die Berge, Flüsse und Wälder zu schaffen. Er gab den Menschen Gesetze, nach denen sie zu leben hatten. Die Tradition, die Lieder und Tänze, ja die gesamte Kultur geht auf ihn zurück.
Die Weihestätten (Bora), wo Knaben zu Männern geweiht werden, sind von ihm geschaffen worden.
Als er sein Werk vollendet hatte ging er zurück in den Himmel. Und die Menschen verehrten ihn. Nannten ihn Sky Hero oder All Father.
Die Legende erzählt, und das hat Ridley mit Sicherheit nicht in seine Übersetzung aufgenommen, dass gleich mit zwei Frauen Baiame) verheiratet war. Die eine war Birrahgnooloo (Birran-gnulu), die Göttin der Ergiebigkeit, die sogar Hochwasser schicken konnte, wenn man die richtigen Bitten aussprach. Sie wurde ab und zu aber auch als ein weiblicher Emu in der Traumzeit betrachtet. Die Beiden sollen einen Sohn Daramulum (Dharramalan), was einbeinig heißt, gehabt haben. Dieser besitzt in den Abbildungen stets ein Emuhinterteil und soll sich vom Riesen bis zum kleinen Vogel verwandeln können. Andere Legenden wiederum meinen, Daramulum sei der Bruder von Baiame gewesen.
Es war verboten, den Namen von Baiame in der Öffentlichkeit zu erwähnen oder über ihn zu sprechen. Frauen wurde nicht erlaubt, Zeichnungen von Baiame zu sehen, oder aber sich den Weihestätten (Boras) zu näheren.
Auf den besonders in NSW vorhandenen Felszeichnungen sehen wir Baiame als Mensch mit einem großem Kopf und gestylter Frisur dargestellt. Sehr oft sind Abbildungen seiner Fußspuren gleich daneben zu sehen. Während man Daramulum immer nur im Profil zeichnete ist Baiame nur in der Vorderansicht gemalt und mit reichlichen Verzierungen versehen. Unklar ist, warum die Punkte an ihm Kraft und Energie gegen Pocken verleihen sollen, da es diese Krankheit vor der weißen Besiedlung in Australien nicht gab.
Nahe Singleton befindet sich die wohl berühmteste Zeichnung von Baiame. Das Wiradjuri Volk hat den Helden an einer Felswand verewigt. Er wird mit großem Augen und enorm langen Armen, die bis zu zwei weit auseinander stehenden Bäumen reichen, dargestellt.
Ich kenne noch zwei weiter echte Baiame Geschichten. Nämlich eine weitere Schöpfungsgeschichte und die Probleme, die Baiame mit Marmoo, dem Geist des Übels, hatte. Die werden demnächst kommen.
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Die Aboriginal Schöpfung- Wie die Sonne die Welt ordnete

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Die Aboriginal Schöpfung- Wie die Sonne die Welt ordnete
Hoch über Tya, der schlafenden Erde, thronte Baiame, der mächtige Himmelsgott. Sein gewaltiger Leib aus glänzendem Kristall ruhte auf steinernen Säulen, und in der Dunkelheit war Yhi, die Sonne, in einen tiefen Schlummer versunken.
Die Welt lag starr vor Kälte, über dem öden Land lastete eine lähmende Stille. Aus der nackten Erde ragten allein die kahlen Gerippe der Berge empor, in deren zerklüfteten Höhlen die künftigen Lebewesen ihrer Vollendung entgegendämmerten.
Endlose Zeit verging, da tönte die Stimme des Allvaters durch den Raum: "Steig hinab und rufe die Geschöpfe ins Leben nach meinem Willen. Erwecke zuerst die Gräser, Pflanzen und Bäume, dann bringe die Insekten, Fische, Reptilien, die Schlangen, Vögel und alles vierbeinige Getier hervor!"
Yhi erwachte. Ihr Atem ließ die erfrorene Luft erzittern, aus ihren leuchtenden Augen brach ein heller Lichtstrahl hervor, der die junge Göttin mit gleißendem Feuer umhüllte. Langsam stieg sie zur Erde hinab, da wo sich die große Nullabor Ebene im Süden erstreckt.
Von hier reiste Yhi in alle Richtungen des Windes, doch immer wieder führte der Weg zum selben Ausgangspunkt zurück. Die Dunkelheit wich ihrem Glanz, aus ihren Fußstapfen sprossen die Kräuter und Pflanzen, bis schließlich die ganze Welt in neuem Wachstum erblühte. Müde mußte die Sonnenmutter eine Weile rasten. Die Vielfalt ihrer Geschöpfe aber, die zartesten Gräser und die mächtigsten Bäume lebten in Frieden miteinander.
Abermals erhob sich die Stimme: "Nun setze das Werk fort und erleuchte das dunkle Innere Tyas."
Yhi durchwanderte die kalten unterirdischen Räume, die sie mit ihrem wärmenden Licht erfüllte. Bald schon krochen aus Höhlen und Spalten die unübersehbaren Scharen der Insekten hervor, schillernd in den verschiedensten Farben, von mannigfaltiger Größe und Gestalt. Nach allen Seiten schwärmten die Lebewesen und überzogen das grünende Gewand Tyas mit ihrem bunten Gewimmel.
Die Sonnenmutter bestieg den Gipfel des höchsten Berges, um sich an der Schöpfung Baiames zu erfreuen. Von dort trug sie ein brausender Wind in die entferntesten Gegenden der Erde, bis sie wieder auf die steinige Nullabor Ebene zurückkehrte. Hier ruhte Yhi eine Zeitlang, ihr helles Feuer aber strahlte ohne Unterlass, denn damals kannte die Welt noch keine Nacht.
Viele Male befolgte die Sonne die Weisung des Himmelsgottes. Vor ihrer Wärme schmolz das Eis der Höhlen, und aus dem Schoß der Erde ergoss sich ein unaufhörlicher Lebensstrom ans Tageslicht. Schlangen und Echsen krochen auf ihren blanken Bäuchen, bunt gefiederte Vögel flatterten durch die Lüfte, und muntere Vierbeiner bevölkerten den Busch. Auch klares Wasser sprudelte aus der Tiefe hervor, bewohnt von glitzernden, zappelnden Fischen.
Voller Freude betrachtete die junge Göttin ihr Werk. Ein letztes Mal trug sie der Sturmwind im sausenden Flug davon, dann zog sie nach Westen und verschwand aus den Augen der Welt.
Eine große Dunkelheit brach über die Erde herein. Ängstlich drängten sich die Geschöpfe zusammen, doch bald schon leuchtete im Osten wieder das strahlende Antlitz der Sonnenmutter.
Oft noch wiederholte sich dieser Vorgang, bis alle Lebewesen an den Wechsel von Tag und Nacht gewöhnt waren. Bei Tageslicht gingen sie ihren Beschäftigungen nach, des Nachts aber schliefen sie in Erdlöchern oder im Schutz der dichten Bäume. Selbst die bunten Blumen verschlossen im Dunkeln die Kelche, allein die Akazien hielten die ganze Nacht ihre zarten Blütenblätter geöffnet, weil sie fürchteten, in der Finsternis ihre Schönheit zu verlieren. Mit Tagesanbruch verkündete das fröhliche Gezwitscher der Vögel die nahende Sonne, und in der frühen Morgendämmerung stiegen die Tautropfen zum Himmel empor, um Yhi zu begrüßen.
Lange Zeit verging, die Tiere und Pflanzen verbreiteten sich über die Welt, da wurden die Geschöpfe unzufrieden mit ihrer Gestalt. Die Vierbeiner waren traurig, weil sie nicht fliegen konnten, die Fische wollten nicht mehr im Wasser leben, weil sie das warme Sonnenlicht vermissten, ja selbst die kleinsten Insekten begannen zu murren. Ringsumher wuchs die Verdrossenheit, und niemand hatte mehr Freude am Leben.
"Aus formlosen Wesen habe ich euch ins Leben gerufen", sprach sie. "Nun da ihr unzufrieden seid, so wählt selbst eure Gestalt."
Die Kängurus, Kragenechsen, Fledermäuse und Fliegenden Füchse, die lang schnäbeligen Pelikane, die schwerfälligen Beutelbären und quakenden Frösche, sie alle und noch viele andere mehr wünschten sich damals die Eigenschaften, die sie auch heute noch besitzen.
Die Fledermäuse wollten lieber Vögel sein, deshalb können sie fliegen, obgleich ihnen keine Federn wachsen. Der Seehund, der des trockenen Landes überdrüssig war, zog es vor, im Wasser zu wohnen. Die Eule erbat sich große leuchtende Augen, um im Dunkeln zu sehen. Dafür ist sie nun tagsüber fast blind und haust in hohlen Baumstämmen, weil sie das helle Sonnenlicht schmerzt. Der Koalabär schämte sich wegen seines langen struppigen Schwanzes, um den ihn die anderen beneideten, also blieb ihm nur noch ein jämmerlicher Stummel übrig. Seitdem ist er in Gesellschaft des Dingo immer etwas verlegen, wenn dieser zur Begrüßung mit seinem prächtigen Schweif wedelt. Sogar die winzigen Insekten brachten ihre seltsamen Wünsche vor, deshalb sehen manche von ihnen aus wie Rindenspäne, dürre Zweige oder trockene Grashalme.
"Ich will euch treue Wächter senden, die mein Kommen verkünden und in der Dunkelheit wachen", versprach die gütige Sonnengöttin, ehe sie Abschied nahm.
Als die Tiere in der Frühe erwachten, glänzte im Osten der helle Morgenstern. Kaum aber war Yhi am Abend wie ein Feuerball hinter dem westlichen Horizont versunken, kaum hatte die Nacht ihren dunklen Schleier über die Erde geworfen, da beschritt der leuchtende Mond seine Himmelsbahn und tauchte alles in sein silbriges Licht.
So ordnete die Sonne die Dinge der Welt nach Baiames Weisung.
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Eine weitere Legende über Baiame

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Eine weitere Legende über Baiame
In der Sprache des Wiradjuri und des Kamilaroi Volkes bedeutet Baiame „Schöpfer“ oder „Großer“; die Frauen nennen ihn „unser Vater“. Er erschuf sich selbst und dann alle Dinge und Wesen. Baiame sitzt im Himmel auf seinem Thron, ist unsichtbar und nur im Donner zu hören. Sein Sohn ist wie schon erzählt Turramulan (Daramulum).
Das Schöpfungswesen Baiame der Aborigines, in einer der ältesten Kulturen unserer Erde, ist die erste geistige Substanz, durch die jegliche Lebensform erst entstehen konnte. Dieser Schöpfergeist verkörpert das Universum und durchdringt alle Materie und sogar leeren Raum; er tritt als eine unfassbare Intelligenz rein spiritueller Natur auf. Alles Leben begann als eine Auswirkung der Gedankenbilder im Geiste des großen Schöpfers.
Und es liegt auf der Hand, dass christliche Missionare dieses Schöpfungswesen gern als Gott bezeichneten.
Für die südostaustralischen Aboriginal Völker, wie die Kamilaroi oder die Wiradjuri, die bevölkerungsreichsten im heutigen Bundesstaat New South Wales, war es der große Ahnherr, Stammvater und Kulturheros Baiame, der ihren Lebensraum und ihre Gesetze geschaffen hatte. Er war ein mächtiges Wesen, das den ersten Menschen aus einem genau lokalisierbaren Fels im Gebiet dieser Stämme ausgeschnitten und zum Leben erweckt haben soll. Eine untergeordnete „Gottheit“, ein irdischer Stellvertreter Baiames, der als Mittelsmann zwischen Baiame und den Menschen auftrat, gelegentlich aber auch als sein Sohn bezeichnet wurde, war Turramulan. Der Legende nach ein hervorragender Kamilaroi- Krieger mit zwei Ehefrauen, der zuerst in den östlichen Landesteilen erschien und dann langsam nach Westen weiterwanderte. Unter Berufung auf Baiame lehrte Turramulan die Kamilaroi ihre Sitten und Gebräuche, ihre Heiratsregeln und Totems. Nachdem sein Werk vollbracht war, zog er nach Westen weiter und ging letztlich an einer bestimmten Stelle in der Milchstraße n den Himmel ein. Eine weibliche Kulturheroine der Kamilaroi, denn auch das existierte in Australien, war Moonee Burrabean. Sie wurde je nach regionaler Überlieferung einmal als Frau Baiames, ein anderes Mal als Frau des Turmulan definiert. Ihr Name soll, so jedenfalls sagen frühere Übersetzungen „Ei, Leben, Milch oder Nahrung“ bedeuten.
Moonee Burrabean lehrte und instruierte alle Kamilaroi- Frauen in ihren spezifischen Wissensgebieten und Aufgabenbereichen. Da jede Erwähnung von Baiame und Turmulan in Gegenwart von Frauen strengstens verboten war, wurde der göttliche Lebens- und Wissensfluss durch Moonee Burrabean den Frauen des Kamilaroi- Volkes übermittelt. Und diese waren nun wiederum so speziell weiblich, dass weder über Inhalte noch über Formen dieser Lehre etwas nach außen drang. Moonee Burrabean war aber bei allen Weihezeremonien neben Turmulan und Baiame als weibliche Ahnherrin vertreten.
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Die Schöpfung des Murray River Landes

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Die Schöpfung des Murray River Landes durch Ngurunderi
In Süd Australien lebt seit Jahrtausenden das Ngarrindjeri People. Ihr Lebensraum ist der Mündungs-bereich des Murray River, der Lake Alexandrina und das Lagunensystem des Coorong. Noch heute befindet sich dort die größte Aboriginal Community von Süd Australien.
In einer ausführlichen, auch heute noch erzählten Überlieferung wird der große Traumzeitheld Ngu-runderi (sprich: Naranderi, mit starker Betonung auf der zweiten Silbe) verehrt. Kein Zweifel, hier handelt es sich um ein ähnliches Schöpferwesen, wie im NSW. Nur heißt der All Vater dort Baiame.
Ngurunderi war ein mächtiges Wesen, das durch Zeit und Raum reisen konnte und in Gestalt eines Mannes auftrat. Seine zwei Frauen hatten ihn verlassen, und auf der Suche nach ihnen kam er in sei-nem Rindenkanu (oder auch Floß (Lala) aus Red Gums) den Murray River hinunter. Der war damals nur ein unbedeutendes Flüsschen. Als er mit seinem Speer einen riesigen Pondi, also einen Dorsch oder Kabeljau, erlegen wollte, verfehlte er ihn. Das geschah noch im Flussbereich von NSW unterhalb der Einmündung des Darling River. Der verletzte Fisch wehrte sich und zappelte wild mit seinen Schwanzflossen. So gelang es ihm in Richtung Meer zu entkommen. Und die Spuren seine Flucht, die sich tief in den Boden eingruben, wurden zu einem verbreiterten, gewundenen Flussbett, in dem Ngu-runderi Schwierigkeiten hatte, dem Fisch zu folgen. Oft strandete sein Floß, dann wieder mußte er ein anders Floß bauen, um die nächste Flussbiegung erreichen zu können. Bei Kobathatang (?) hatte er schließlich Glück und traf den Fisch mit dem Speer in die Seite. Die Wucht seines Wurfes war so groß, dass er aus dem Boot geschleudert wurde. In einer geraden 26 Kilometer langen Linie flog oder rutschte er, bis er einen Erdhügel aufgeworfen hatte, der ihn stoppte. Peindjalang Mound befindet sich in der Nähe vom heutigen Tailem Bend.
So entstand der Murray River mit seinen Windungen, Inseln und Sandbänken. Angeblich soll Ngurun-deri seine beiden Frauen, die auf den Klippen nahe Tailem Bend standen, aufgefordert haben, dem Fisch einen Hinterhalt zu bereiten. Dies ging aber schief und der Kabeljau konnte wieder fliehen. Bis in die Gegend des heutigen Murray Bridge verfolgte er den Fisch. Dort warf er seinen Speer ein zwei-tes Mal. Wieder ein Fehlwurf. So entstand die Insel Lentlin (Speer), die auch Long Island genannt wird. Der Fisch verschwand im Lake Alexandrina. Ngurunderi wanderte weiter und traf auf seinen Schwager Nepele, dem er die Erlaubnis gegeben hatte, im Murray River Fische zu fangen. Mit einem Netz zogen sie gemeinsam einen anderen riesigen Fisch an Land, und Ngurunderi zerteilte ihn in viele kleine Stücke. Als er die einzelnen Teile wieder in den Fluss zurück warf, sagte er jedem einzelnen Stück, wel-cher Fisch es in Zukunft sein sollte. So schuf Ngurunderi alle Süß- und Salzwasserfische im Gebiet der Ngarrindjeri. (In einer anderen Version dieser Geschichte soll Ngurunderi mit seinen Frauen am Ufer des Sees gesiedelt haben. Aber sie hatten kein Glück beim Fischfang. Im See lebte nämlich der Wasserunhold Muldjewangk. Deshalb zogen sie zu einem andern Quartier in die Gegend des heutigen Ashville um. Die beiden Gipfel des Mount Misery sollen die Überreste seiner Flösse sein. Deshalb heißen sie auch Lalangengall oder die zwei Wasserfahrzeuge (the two watercraft). Eines Tages über-raschtet er bei der Rückkehr vom Fischfang seine beiden Frauen, wie sie trotz seines Verbotes eine silberne Brasse kochten. Die Frauen flüchteten aus Angst in Panik in Richtung Kangaroo Island. Und sie sollen bei dieser Flucht die Dünenlandschaft des Coorong und Cape Jervis geschaffen haben)
Nach weiteren Abenteuern traf Ngurunderi auf einen mächtigen Zauberer, Barambari, der ihn zum Kampf herausforderte. Dieser Zauberer versuchte ihm Schaden zuzufügen, doch Ngurunderi lachte nur. In einem heftigen Kampf besiegte er ihn und schichtete anschließend Reisigbündel auf, um den Körper des Zauberers zu verbrennen und seine Macht damit endgültig zu zerstören. Die Waffen der beiden Krieger und die Stelle, wo Ngurunderi den Leichnam verbrannt hatte, sind heute große Stein-blöcke am Strand. Schließlich fand Ngurunderi nahe Kangaroo Island seine beiden Frauen wieder, aber sie liefen voller Angst wieder davon. Er warf eine Keule nach ihnen, die zu der hügeligen Land-zunge an der Küste wurde. Doch die Frauen schwammen ins Meer hinaus. Da ließ Ngurunderi die See aufschäumen und eine mächtige Brandung heranrollen, so dass seine Frauen ertranken. Die beiden Leichnams verwandelte er zu den Felsen „The Pages“ Nachdem seine Wut verraucht war, bereute Ngurunderi aber seine Tat und trauerte um seine Frauen. Er wusste, dass es auch für ihn an der Zeit war, sich aus dieser Welt zu verabschieden. Bei Kangaroo Island tauchte er tief ins Meer ein, um seine Seele abzukühlen und sich zu reinigen. Dann begab er sich hinauf in die Himmelswelt zu den Ahnen, wo er heute als besonders hell funkelnder Stern in der Milchstraße zu sehen ist.
Seit dieser Zeit sollen die Seelen der Verstorbenen vor ihrer Reise in den Himmel nach Kangaroo Is-land kommen.
Ngurunderi hat wohl nicht so viele Wunder vollbracht wie Baiame. Vielleicht aber habe ich nur nicht die richtigen Informationen gefunden.
Für bemerkenswert halte ich schon, dass diese überlieferte Legende, in der ein Mann, ein spirituelles Wesen, ein Held einen Murray Dorsch fangen wollte, in allen Sprachgruppen des enorm großen Mur-ray Gebietes erzählt wird. Die Namen ändern sich, aber der Inhalt bleibt. So überliefert zum Beispiel das Wotojobaluk People in Victoria, das der Held Totyerguil in dem Gebiet, dass wir heute als Swan Hill kennen, auf die Jagd ging, um mit seinen Fischspeeren Otchtout, den Kabeljau zu fangen.
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Last edited by ditido on 21. July 2007 08:50, edited 1 time in total.
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Baiame und Marmoo

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Baiame und Marmoo
In der frühesten Traumzeit war nicht alles gut in dieser Welt, die Baiame erschaffen hatte. Hügel und Täler, kahle Gebirge, Kristall klare Bäche und Flüsse und auch die Ebenen, die bis zu den Horizonten reichten, zollten den geduldigen Händen des Schöpfers hohe Anerkennung. Blumen mit tausend Farben sollten den Schöpfer begrüßen. Und Schmetterlinge flatterten über die zottigen Wipfel der Bäume, des Schilfs und über das Gras. Der Wind spielte mit Wolken und verursachte so ein buntes wechselndes Farbmuster des Sonnenlichtes auf der Erde wo sich die Lebewesen bewegten und wo sie sich ihre Nahrung suchten. Bei Tag lächelte die Göttin Yhi, damit die Pflanzen ihre Köpfe nach oben hoben und auch die die jungen Gräser sich von der dunklen Erde nach oben reckten. Bei Nacht segelte der Mondgott Bahloo über den verdunkelten Himmel.
Die Wünsche, die zu Gedanken geworden waren, und diese Gedanken, die der große Geist mit viel Freude und Vergnügen verwirklichte, und die sein Herz erfreuten, wurden getrübt. Dunkle Wolken und heftige Blitze zerrissen die Ruhe des Himmels, der Wind blies kalt und frostig heftig in die Schluchten der Berge, wie eine Sense durch die Wildnis. Doch Baiame kannte diese dunklen Gedanken, die von Marmoo, der Geist des Übels, kamen. Er war die Antithese von allem, was gut war. Er kannte sie aus gutem Grund. Marmoo hatte mit seiner Frau gesprochen, da die Flamme der Eifersucht auf Baiame in ihm brannte.
„Das ist Hochmut“ sagte er wütend. „Baiame sitzt dort entfernt in der Himmelwelt und prahlt vor sich selbst über seine Intelligenz, weil er eine Welt voller lebender Dinge hergestellt hat. Die dazu noch ungeschliffen und primitiv sind. Keine besondere Leistung von ihm. Ich könnte solch eine Welt in der Hälfte der Zeit mit eine viel besseren Effekt herstellen.“
„Und warum hast du es nicht getan?“ fragte die Frau des Geistes des Übels. Eigentlich war da nicht viel Liebe zwischen den beiden. „Wenn du so gescheit bist, warum bildest du nicht eine Welt? Dann erst werde ich glauben, dass du genau so leistungsfähig bist wie Baiame.“
„Es ist einfach, etwas aus dem Nichts heraus zu errichten“ antwortete Marmoo. „Es ist jedoch ungleich schwieriger, etwas zu zerstören, was schon da ist. Das wird meine Aufgabe sein.“ Und den Blick seiner Frau wohl sehend, sagte er barsch „Warte nur!. Ich fange ab diesem Moment damit an.“ Sagte es und ging weg ohne ein weiters Wort
Ganz im Geheimen arbeitend schuf er einen Stamm von Insekten, böse und hinterhältig wie auch er. Einige waren schön, hatten aber giftige Stachel. Und dann die Harmlosen, unfähig zum Gehen, Kriechen, Eingraben oder Fliegen.. Es gibt einige, die sagen, dass es Yhi war, die das Leben zur Tier- und Insektkreation von Baiame holte. Doch es gibt auch andere, die glauben, dass, nachdem Marmoo seine bösen und schlechten Phantasien eingesetzt hatte, um Insekte herzustellen, er es war, der ihnen Leben einhauchte und sie aus der Höhle schickte. Dort hatte er sie vor dem Anblick von Baiame und Yhi versteckt. Bald verdunkelte sich der Himmel durch die Schwärme der Fliegen. Und auf dem Boden wimmelte es nur so von kriechenden und grabenden Maden, von Würmern und Käfern.
Das Gras wurde bis zu den Wurzelspitzen abgefressen. Blumen gingen ein und ihre Blütenblätter fielen so wie die Regentropfen auf die Erde. Die Früchte purzelten von den Bäumen und wurden von den hungrigen Horden aufgefressen. Die schöne Melodie der Ströme und der Wasserfälle wurde übertönt vom Summen der Flügel, vom Zischen der kämpfenden Insekten, vom Klicken der fressenden Unterkiefer. Eine Armee überflutete die Erde und hinterließ eine Spur der Verwüstung.
Erschrocken schaute Baiame auf die Erde und sah die ständig vorrückende Flut der Zerstörung. Und ihm war klar, dass sein Feind diese Methode gewählt hatte, um seine Autorität heraus zu fordern.
Überzeugt von seiner Macht und Energie schickte einen seiner Winde brüllend über das Land. Er hoffte, dass die Insekten in das Meer tröpfeln würden. Es war zu spät. Die Horden von Marmoo waren gut genährt und wohl vorbereitet auf alles, was Baiame tun würde. Einige gruben sich unter die Erde. Andere suchten Schutz in den Höhlen oder unter Steinen, während das fliegende Ungeziefer sich an den Borken der Bäume, die sie zerstört hatten, klammerte. Dort warteten sie geduldig auf das Nachlassen des Windes. Dass ja jeder Wind nach gewisser Zeit tun muß. Im März würden sie ihr Werk der Verwüstung wieder aufnehmen.
Es blieb Baiame nur noch eine Möglichkeit offen. Er kam zurück zur Erde, um die guten Geister, die er auf die Erde geschickt hatte, die die Menschen führen und leiten sollten, zu unterstützen. Eilends besuchte er Nungeena, den freundlichen weiblichen Geist, die in einem Wasserfall in einem abgelegenen Tal lebte. Sogar hier mußte Baiame erschrocken feststellen, dass die angenehmen engen Täler trocken und kahl geworden waren. Jeder kleinste Rest der Pflanzen war weg gefressen. Der Strom war mit den toten Körpern der Insekten verstopft. Die sich selbst in Ermangelung anderen Futters gegenseitig auffraßen.
Die Armee ist weiter marschieret, aber der Geruch des Todes lag schwer im Tal.
„Komm mit mir“ sagte All-Vater. „Du kannst sehen, was die Insekten aus deinem angenehmen Heim gemacht haben. Die üblen Fluten, die von Marmoo geschickt wurden, rollen an. Bald es gibt kein lebendes Geschöpf mehr und die Welt wird öd und trostlos sein.“
Nungeena rief nach ihren dienenden Geistern. Diese kamen von nah und fern auf ihr Gebot.
„Was habt ihr gesehen?“ fragte sie. Sie hörten eine traurige Geschichte von der Verwüstung, die die Brut des Marmoo anrichtete. Kein Teil des Landes blieb verschont. Als der Bericht beendet war hörte Nungeena, der Muttergeist, auf zu lächeln.
„Wir werden sie besiegen!“ sie sagte sie mit großer Zuversicht. „ Schau doch Vater Baiame. Nicht alle Blumen sind untergegangen. Einige, die ich im Schutz des Falles wachsen ließ, sind noch in den Kaskaden über den Klippen. Keiner von Marmoos kleinem Volk traute sich, auch mir nah zu kommen. So war ich in der Lage, sie zu retten.“
Während sie sprach, knüpfte sie mit ihren Fingern geschickt aus den langen Stielen ein gefälliges Muster.
„Na also“ sagte sie schließlich mit einem Seufzer der Zufriedenheit. Und stellte die schöne Blumeanordnung sanft auf den Grund. Baiame schrie auf vor Entzücken. „Die schönsten aller Vögel“ sagte er und atmete Leben in einen Leierschwanz, der sein Gefieder aufblies und würdevoll vor ihm stolzierte. Dann verdüsterten sich die Augen des Geistes wieder. „Aber diese Vögel werden niemals das Problem des Schutzes der Welt lösen“ sagte er zurückhaltend.
„Aber gerade deswegen schaffe ich sie doch“ bemerkte Nungeena etwas verwundert. „Schau dich nur um!“ Und während sie sprach begann der Vogel unter den trockenen Blättern, den Zweigen und dem Abfall, der durch die Insekten entstanden war, zu kratzen und suchte nach irgendwelchen Insekten, die zurückgelassen wurden.
„Ich sehe es“ sagte Baiame. Und er dachte kurz nach. „Wir müssen mehr von ihnen, viel mehr bilden.“ Und mit der Geschicklichkeit eines Mannes, der schon so viele Wunder der Natur geschaffen hatte, formte er Vögel, die vollendet von seinen Händen flogen. Und diese machten sich schleunigst auf die Verfolgung der jetzt entfernten Armee der Insekten.
Nungeena folgte seinem Beispiel. Die dienstbaren Geister, die viel jünger waren, versuchten es nachzuahmen. Aber es mangelte ihnen an den Fähigkeiten des älteren Gottes und der Göttin. Doch ihnen gelang immerhin der Erschaffung von Metzgervögeln und Magpies. Die waren zwar nicht so anmutsvoll, aber als Insektzerstörer gleichsam wirkungsvoll. Die Geister, die von den Feuchtgebieten gekommen waren, schufen Vögel, die schwimmen konnten und im Sumpf wateten. Die Geister der Küstenregionen bildeten Möwen, die absichtlich auf ihren Fisch- Appetit verzichteten, um sich jetzt mit Insekten zu sättigen. Die Nachtgeister, deren Aufgabe ist, die Blumen zu schließen, wenn das Tageslicht verblasst, schufen Eulen und Nachtschwalben. Es gab Vögel, die im schnellen Flug Insekten fingen, wie Pfauentauben, Schwalben und Fliegenschnäpper. Und der Ton der beißenden Schnäbel und der schlagenden Flügel übertönte das Summen der Insekten, während sie im Flug gefangen wurden.
„Sie sind alle so schön. Ihre Stimmen sollten zusammenpassen“ sagte Baiame und gaben ihnen das Geschenk des Lieds. Aber ihre süße Musik wurde durch den rauen Schrei der Krähen und das laute Gelächter des Kookaburras übertönt.
Die wenigen Überlebenden der Armee von Marmoo waren in die Flucht geschlagen. Noch singend, kreisten die Vögel um Baiame und den Wächtergeistern herum. Dann flogen dann weg, auf der Suche nach anderen Räubern, die die Erde von ihrer Vegetation wieder entblößen könnten.
Nie wieder hatten die Vögel seitdem so viel Nahrung wie in dieser Zeit. Und sie hoffen wohl immer noch, dass Marmoo eines Tages ihnen ein anders reichliche Festmahl schicken wird.
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Ende des Threads Traumzeit Legenden

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Hallo Forumfreunde, da ich auf meine Anfrage keine einzige Antwort bekommen habe, nehme ich an, dass Euch die Fülle der hier geschriebenen Legenden reicht. Ist mir recht. Damit beende ich zunächst diesen Thread.
Trotzdem danke ich denen, die mir durch das häufige Anklicken Ihr Interesse zeigten.
Vielleicht, da ich noch jede Menge Geschichten in der "Schublade" habe, wiederhole ich diese Aktiom 2008.
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Wagga Wagga und Murrumbidgee

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Wie die Namen Wagga Wagga am Murrumbidgee entstanden
Name des Ortes findet in der Sprache der Ureinwohner seine Wurzel. Waagan ist die Bezeichnung für Krähen oder australische Raben. Doch es gibt auch andere Auslegungen. Schon die Verdoppelung des Namens könnte Ausdruck für eine „Vielzahl“ oder eine „besondere Bedeutung“ sein. Das heißt, dass ist es ein Ort, wo sich unzählig viele solcher Vögel aufhalten.
Als 1832 die Best Family als erste europäische Siedler hier ankam, nannten sie den Ort Wagga Wagga, um den Kontakt mit den Ureinwohnern zu pflegen.
Es gibt dann auch die alternative Schreibweise mit Waga Waga. Diese Worte waren bei einigen Stämmen Wiradjuri Volkes gebräuchlich für „Taumeln wie ein betrunkener Mann“ oder auch „ein eigenartiger suchender Gang wie beim Corroboree Tanz“. Dieser Tanz ist ein ritueller zeremonieller Tanz mit dem viele Gefühle ausgedrückt werden können. Allerdings hat sich ethnologisch heute der Bezugspunkt „Krähe“ durchgesetzt.
Wagga Wagga liegt am Murrumbidgee River, dem zweitlängsten Fluss Australiens. Auch der Name des Flusses entspringt dem Wortschatz der Ureineinwohner. Er bedeutet „Großes Wasser, das immer fließt und auch über die Ufer tritt. Wie sehr das Stimmt merkten die Einwohner bei der großen Flut 1974.
In den Traumzeitgeschichten wird berichtet, wie bei einer großen Dürre die männlichen Goanas (Lizards) verzweifelt nach Wasser suchten. Sie gingen deshalb weite Wege. Zu dieser Zeit wurde auch eine junge hilfsbereite Goana Frau von einem kleinen Geistermann um Wasser gebeten. Deshalb machte auch sie sich auf die Suche. Dabei stach sie zufällig mit ihren Stecken in eine Bergseite. Und ein großer Schwall Wasser strömte aus dem Stechloch. So entstand der River.
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