Die „Sonderbehandlung“ der indigenen Tasmanier
Posted: 17. June 2007 14:49
Die „Sonderbehandlung“ der indigenen Tasmanier
Teil 1
Bis vor 13.000 Jahren v. Ch. bestand zwischen Australien und der heutigen Insel Tasmanien eine Landbrücke. Auf der gelangten vor 30 bis 40 Tausend Jahren auch die Urein-wohner, von Victoria weiter ziehend, nach dort. Und es ist durch genetische Untersuchungen gesichert, diese Einwanderungsströme kamen während der letzten Eiszeit über das heutige Neuguinea zur Cape York-Halbinsel. Und dann weiter durch einen Flusskorridor bis ins Darling-Becken und sogar in die Great Sandy Desert. Von dort aus südwärts konnte Tasmanien, damals eine Halbinsel, erreicht und ebenso wie Great Victoria Desert besiedelt werden So standen die tasmanischen Aborigines ebenfalls in einem engen Verwandtschaftsgrad zu den Bewohnern von Neuguinea und den Melanesiern. Victoria soll von den ersten Aborigines schon mindestens vor 30.000 Jahren erreicht worden sein. Die Funde auf Tasmanien geben Hinweise, dass es wohl schon 5.000 Jahre früher war. Mit Ende der letzten Eiszeit stiegen die Wasserpegel der Ozeane gewaltig, man spricht von bis zu 200 Meter und mehr, an. Die Landbrücke verschwand unter einer Wasserstrasse, die wir heute als Bass Strait kennen. Die somit isolierten Ureinwohner ent-wickelten einige Besonderheiten, die sie von den Bewoh-nern Australiens unterschieden. So kannten sie keine Klei-dung. Sie rieben ihren Körper mit Tierfett, rotem Ocker und Holzkohle ein, was einen gewissen Schutz vor der Kälte bot, manchmal warfen sie sich auch ein Kängurufell lose über die Schulter. Auch feste Unterkünfte gab es nicht. Bei besonders schlechtem Wetter errichteten sie allenfalls Windschirme. Sie waren leidenschaftliche Jäger und ernähr-ten sich vor allem von Kängurus. Auch die Opossums, die meist von den Frauen gefangen wurden, schmeckten ihnen. Nur Fische lehnten die Insulaner strikt ab. Wohl aber tauchten sie nach Muscheln, Krebsen und anderen Schalentieren. Auch hier zeigten die Frauen ihre Geschicklichkeit, denn viele Männer konnten nicht schwimmen und mieden das Wasser.
Die 12.000 Jahre der Isolierung führten dazu, dass diese Tasmanier weder Bumerangs, Knochennadeln, Speerschleudern und Steinäxte kannten. Auch Hunde gab es nicht. So wussten sie zum Beispiel nicht, wie man Feuer entzündet. Das Hüten der Flamme war eine wichtige und lebensnotwendige Maßnahme im Verband. Ob sie die Bedeutung des Ockers für die Songlines kannten? Es ist wahrscheinlich. Aber ich habe darüber nichts gefunden. Außer das die regelmäßigen traditionellen Wanderungen vom Landesinneren zur Küste zum festen Ritus einer Sippe ge-hörte. Die Ureinwohner gehörten dem Toogee Volk an. Die Isolation, die geringe Population, die weit auseinander lebenden Gruppen und eine geringe Lebenserwartung sind wohl die Hauptgründe für die kulturellen Defizite zu den Ureinwohnern Südaustraliens.
Erstaunt registrierten die Europäer, dass die Ureinwohner, als man ihnen Fisch zum Essen anbot, fluchtartig den Strand verließen. Die Theorie, dass der Fisch wegen des geringen Fettgehaltes vom Speisesplan verschwand, stimmt sicher nicht. Die Ureinwohner hatten wohl leidvoll in der Vergangenheit erfahren, wie tödlich Fischgenuss ist, wenn durch Dinoflagellaten bedingte Algenblüten (red tide) in den Organismus kommen. Um weitere solcher Katastrophen zu verhindern, kann sich eine konservative Lebensweise entwickelt haben, die das Überleben der Population auf Kosten einer wertvollen Nahrungsquelle sicherte. Der Verlust von Knochennadeln zur gleichen Zeit deutet auf einen Zusammenhang beider Ereignisse hin. Wahrscheinlich konnten die Produzenten der Knochennadeln ihre Fähigkeiten nicht mehr rechtzeitig weitergeben, da sie während einer Massenvergiftung umkamen.
Eine weitere, und gar nicht so abwegige Erklärung ist, dass der Anstieg des Meeresspiegels ein Überangebot von wohlschmeckenden Abalonen (Meeresschnecken) und Langusten zur Folge hatte, die auch noch einfach zu bekommen waren. Das würde aber nicht die Furcht, mit der die Ureinwohner auf das Fischangebot reagierten, erklären.
Unterschiedliche Erfahrungen machten die weißen Entdecker auf Tasmanien mir den Ureinwohnern.
Irgendwie hatten die Franzosen kein Glück im Umgang mit den Ureinwohnern Tasmanien. Da war 1792 der Franzose Captain Marc-Joseph Marion du Fresne, der als erster Europäer in kriegerische Auseinandersetzungen mit den Ureinwohnern Tasmanien verwickelt war. Sehr interessant liest sich der Bericht, wie am 7. Mai 1792 die Franzosen ebenfalls wie die Ureinwohner unbekleidet zur Küste ruderten. Auf du Fresne und seine Mannschaft wartete eine Gruppe „glücklicher Wilder“, die in einem Garten Eden lebten. Nach anfänglich freundlicher Begrüßung sahen die Aborigines in der Landung eines dritten Bootes eine Bedrohung. Ein Hagel von Speeren und Steinen trieb die Franzosen wieder auf die Schiffe. Nicht ohne noch vorher durch eine gezielte Salve einen Ureinwohner zu töten und mehrere andere zu verletzten.
Der Franzose Joseph Bruni D’Entrecasteaux, der auf der Suche nach den Schiffen von Jean François de Galaup de La Perouse war, erforschte 1792/93 die Südküste Tasmaniens, den Derwent River und den Kanal zwischen Bruny Island und der Hauptinsel. An der Anlegestelle, dem Watering Place an der Recherche Bay, steht eine Tafel, die an die 21 Tage der Franzosen in Tasmanien erinnert. Die Besatzung fand hier alles, was man zum Leben brauchte. Die befürchteten Übergriffe der Ureinwohner blieben aus. Im Gegenteil. Am 7. Februar 1793 kam es sogar zu einem freundschaftlichen Treffen mit den Ureinwohnern.
Und auch viele Mitglieder der Schiffsbesatzung von Nicolas Baudin, dessen Namen wir bei der Erforschung der Küste Australiens immer wieder finden, wurden von den Aborigines am 14. Januar 1802 verletzt.
1856 wollten die Briten mit der Umbenennung von Van Diemens Land in Tasmanien auch den „blutigen Makel“ von der Insel waschen. Nicht nur die unmenschlichen Bedingungen für die Sträflinge, von denen viele nicht überleb-ten, begründeten diesen „blutigen Ruf“. Nein, auch die vielen Vernichtungsfeldzüge der Siedler, der Schafzüchter und des Militärs gegen die Aborigines fanden einen negativen Bekanntheitsgrad. Man vermutet, dass bei Beginn der Kolonisation etwa 6000 Ureinwohner auf der Insel lebten. Durch die Insellage war ihr Leben abgeschieden und iso-liert. Eigentlich sollen sie friedliche Menschen gewesen sein. Die Auseinandersetzungen mit einigen der frühen Besucher könnten durchaus auf Missverständnissen beruhen. Das änderte sich aber mit der Kolonisation und mit den Niederlassungen der Walfänger an den Küsten. Für diese „Straitsmen“, die eben im Gebiet der Bass Strait als Wal-fänger, Seehundjäger oder als Piraten ihrem Handwerk nachgingen, waren die Frauen der Ureinwohner willkommene Sklavinnen. Dass sich solches die Aborigines nicht gefallen ließen? Es ist klar. Nur was konnten sie schon groß ausrichten? Und es dauerte ja nicht lange, bis die „Eroberer“ mit Beginn der konzertierten Vernichtungszüge ein ganzes Volk im Visier hatten.
Was die Briten auf dem Hauptland vergeblich versuchten, nämlich das Volk der Ureinwohner einfach zu liquidieren, das schafften sie auf Tasmanien in „nur“ 72 Jahren.
Lest in Teil 2, wie es weiter ging.
ditido
Teil 1
Bis vor 13.000 Jahren v. Ch. bestand zwischen Australien und der heutigen Insel Tasmanien eine Landbrücke. Auf der gelangten vor 30 bis 40 Tausend Jahren auch die Urein-wohner, von Victoria weiter ziehend, nach dort. Und es ist durch genetische Untersuchungen gesichert, diese Einwanderungsströme kamen während der letzten Eiszeit über das heutige Neuguinea zur Cape York-Halbinsel. Und dann weiter durch einen Flusskorridor bis ins Darling-Becken und sogar in die Great Sandy Desert. Von dort aus südwärts konnte Tasmanien, damals eine Halbinsel, erreicht und ebenso wie Great Victoria Desert besiedelt werden So standen die tasmanischen Aborigines ebenfalls in einem engen Verwandtschaftsgrad zu den Bewohnern von Neuguinea und den Melanesiern. Victoria soll von den ersten Aborigines schon mindestens vor 30.000 Jahren erreicht worden sein. Die Funde auf Tasmanien geben Hinweise, dass es wohl schon 5.000 Jahre früher war. Mit Ende der letzten Eiszeit stiegen die Wasserpegel der Ozeane gewaltig, man spricht von bis zu 200 Meter und mehr, an. Die Landbrücke verschwand unter einer Wasserstrasse, die wir heute als Bass Strait kennen. Die somit isolierten Ureinwohner ent-wickelten einige Besonderheiten, die sie von den Bewoh-nern Australiens unterschieden. So kannten sie keine Klei-dung. Sie rieben ihren Körper mit Tierfett, rotem Ocker und Holzkohle ein, was einen gewissen Schutz vor der Kälte bot, manchmal warfen sie sich auch ein Kängurufell lose über die Schulter. Auch feste Unterkünfte gab es nicht. Bei besonders schlechtem Wetter errichteten sie allenfalls Windschirme. Sie waren leidenschaftliche Jäger und ernähr-ten sich vor allem von Kängurus. Auch die Opossums, die meist von den Frauen gefangen wurden, schmeckten ihnen. Nur Fische lehnten die Insulaner strikt ab. Wohl aber tauchten sie nach Muscheln, Krebsen und anderen Schalentieren. Auch hier zeigten die Frauen ihre Geschicklichkeit, denn viele Männer konnten nicht schwimmen und mieden das Wasser.
Die 12.000 Jahre der Isolierung führten dazu, dass diese Tasmanier weder Bumerangs, Knochennadeln, Speerschleudern und Steinäxte kannten. Auch Hunde gab es nicht. So wussten sie zum Beispiel nicht, wie man Feuer entzündet. Das Hüten der Flamme war eine wichtige und lebensnotwendige Maßnahme im Verband. Ob sie die Bedeutung des Ockers für die Songlines kannten? Es ist wahrscheinlich. Aber ich habe darüber nichts gefunden. Außer das die regelmäßigen traditionellen Wanderungen vom Landesinneren zur Küste zum festen Ritus einer Sippe ge-hörte. Die Ureinwohner gehörten dem Toogee Volk an. Die Isolation, die geringe Population, die weit auseinander lebenden Gruppen und eine geringe Lebenserwartung sind wohl die Hauptgründe für die kulturellen Defizite zu den Ureinwohnern Südaustraliens.
Erstaunt registrierten die Europäer, dass die Ureinwohner, als man ihnen Fisch zum Essen anbot, fluchtartig den Strand verließen. Die Theorie, dass der Fisch wegen des geringen Fettgehaltes vom Speisesplan verschwand, stimmt sicher nicht. Die Ureinwohner hatten wohl leidvoll in der Vergangenheit erfahren, wie tödlich Fischgenuss ist, wenn durch Dinoflagellaten bedingte Algenblüten (red tide) in den Organismus kommen. Um weitere solcher Katastrophen zu verhindern, kann sich eine konservative Lebensweise entwickelt haben, die das Überleben der Population auf Kosten einer wertvollen Nahrungsquelle sicherte. Der Verlust von Knochennadeln zur gleichen Zeit deutet auf einen Zusammenhang beider Ereignisse hin. Wahrscheinlich konnten die Produzenten der Knochennadeln ihre Fähigkeiten nicht mehr rechtzeitig weitergeben, da sie während einer Massenvergiftung umkamen.
Eine weitere, und gar nicht so abwegige Erklärung ist, dass der Anstieg des Meeresspiegels ein Überangebot von wohlschmeckenden Abalonen (Meeresschnecken) und Langusten zur Folge hatte, die auch noch einfach zu bekommen waren. Das würde aber nicht die Furcht, mit der die Ureinwohner auf das Fischangebot reagierten, erklären.
Unterschiedliche Erfahrungen machten die weißen Entdecker auf Tasmanien mir den Ureinwohnern.
Irgendwie hatten die Franzosen kein Glück im Umgang mit den Ureinwohnern Tasmanien. Da war 1792 der Franzose Captain Marc-Joseph Marion du Fresne, der als erster Europäer in kriegerische Auseinandersetzungen mit den Ureinwohnern Tasmanien verwickelt war. Sehr interessant liest sich der Bericht, wie am 7. Mai 1792 die Franzosen ebenfalls wie die Ureinwohner unbekleidet zur Küste ruderten. Auf du Fresne und seine Mannschaft wartete eine Gruppe „glücklicher Wilder“, die in einem Garten Eden lebten. Nach anfänglich freundlicher Begrüßung sahen die Aborigines in der Landung eines dritten Bootes eine Bedrohung. Ein Hagel von Speeren und Steinen trieb die Franzosen wieder auf die Schiffe. Nicht ohne noch vorher durch eine gezielte Salve einen Ureinwohner zu töten und mehrere andere zu verletzten.
Der Franzose Joseph Bruni D’Entrecasteaux, der auf der Suche nach den Schiffen von Jean François de Galaup de La Perouse war, erforschte 1792/93 die Südküste Tasmaniens, den Derwent River und den Kanal zwischen Bruny Island und der Hauptinsel. An der Anlegestelle, dem Watering Place an der Recherche Bay, steht eine Tafel, die an die 21 Tage der Franzosen in Tasmanien erinnert. Die Besatzung fand hier alles, was man zum Leben brauchte. Die befürchteten Übergriffe der Ureinwohner blieben aus. Im Gegenteil. Am 7. Februar 1793 kam es sogar zu einem freundschaftlichen Treffen mit den Ureinwohnern.
Und auch viele Mitglieder der Schiffsbesatzung von Nicolas Baudin, dessen Namen wir bei der Erforschung der Küste Australiens immer wieder finden, wurden von den Aborigines am 14. Januar 1802 verletzt.
1856 wollten die Briten mit der Umbenennung von Van Diemens Land in Tasmanien auch den „blutigen Makel“ von der Insel waschen. Nicht nur die unmenschlichen Bedingungen für die Sträflinge, von denen viele nicht überleb-ten, begründeten diesen „blutigen Ruf“. Nein, auch die vielen Vernichtungsfeldzüge der Siedler, der Schafzüchter und des Militärs gegen die Aborigines fanden einen negativen Bekanntheitsgrad. Man vermutet, dass bei Beginn der Kolonisation etwa 6000 Ureinwohner auf der Insel lebten. Durch die Insellage war ihr Leben abgeschieden und iso-liert. Eigentlich sollen sie friedliche Menschen gewesen sein. Die Auseinandersetzungen mit einigen der frühen Besucher könnten durchaus auf Missverständnissen beruhen. Das änderte sich aber mit der Kolonisation und mit den Niederlassungen der Walfänger an den Küsten. Für diese „Straitsmen“, die eben im Gebiet der Bass Strait als Wal-fänger, Seehundjäger oder als Piraten ihrem Handwerk nachgingen, waren die Frauen der Ureinwohner willkommene Sklavinnen. Dass sich solches die Aborigines nicht gefallen ließen? Es ist klar. Nur was konnten sie schon groß ausrichten? Und es dauerte ja nicht lange, bis die „Eroberer“ mit Beginn der konzertierten Vernichtungszüge ein ganzes Volk im Visier hatten.
Was die Briten auf dem Hauptland vergeblich versuchten, nämlich das Volk der Ureinwohner einfach zu liquidieren, das schafften sie auf Tasmanien in „nur“ 72 Jahren.
Lest in Teil 2, wie es weiter ging.
ditido