Nachfrage zu Einleitungsformeln bei Australischen Geschichte

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archaja
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Nachfrage zu Einleitungsformeln bei Australischen Geschichte

Post by archaja »

Hallo!
Ich bin Märchen- und Geschichtenerzähler und Didgeridoospieler. Erzähle seit längerem nun Geschichten aus der Traumzeit. Heute aber ist zum ersten Mal eine Frage aufgetaucht:
Gibt es bei den Aborigines auch irgendwelche formelhaften Einleitungssätze oder -phrasen für ihre Geschichten? Etwas in der Form von "Es war einmal..." wie es sie in vielen Kulturen gibt (besonders im Arabischen oder im Irischen).
Das wäre sehr spannend und würde mir weiterhelfen.

Vielen Dank

martin schmauder

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ditido
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Post by ditido »

Hallo archaja, meines Wissens gibt es solche generellen Einleitungsworte, die eine Allgemeingültigkeit für alle Stämme haben, nicht. Aber es gibt in den Sippen schon bestimmte Zeremonien und Tänze, die Stamm- oder Sippenbezogen eine Geschichte aus der Traumzeit erzählen. Wobei dieser Begriff schon wieder nicht richtig ist.
Lies Dir doch ganz einfach in der Rubrik "Land und Leute Teil 2" den Anfang der "Geschichten aus der Traumzeit" durch. Du wirst dabei merken, dass es kein allgemeingültige Schema geben kannn.
Wenn Du nach dieser Lektüre, die Dir als Geschichtenerzähler sicher viel Spass bereiten wird, noch Fragen hast. Stelle sie.
Es gibt bei den Titel der Geschichten eine Gemeinsamkeit. Viele lauten oder beginnen mit " Wie der und der das und das bekam" Oder "Warum der und der jetzt das und das tut".
Aber lies Dir erst ein Mal die Rubrik durch. Viele der überlieferten Geschichetn sind von den Briten übersetzt worden und erscheinen dann wie europäische Märchen. Das entspricht aber nicht der Absicht und der Intention des Aboriginal People.
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archaja
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Danke und weiter Nachfrage

Post by archaja »

Hallo Ditido, danke für die rasche Antwort, auch wenn sie nicht den Inhalt hatte, den ich erhoffte, mal hören, was ich draus mache.
Bin aber auf Deine Beschreibung vom Didgeridoo und von Geschichten darüber. Toll, ich suche schon länger und habe erst zwei gefunden. Die mit dem Riesen, der auf seinem Penis bläst und folgende, die ich von Willi Grimm bekommen habe, einem bekannten schweizer Didgeridoospieler:

Diese Geschichte aus Nordaustralien berichtet, wie Krebsmann Unwala, Fledermausmann Mulara und Regenbogenmann Kanuala einen enormen Fang Fische gemacht hatten und ein Corroboree veranstalteten, um ihr großes Glück zu feiern.
Unwala sang die Lieder, Mulara führte den Tanz an und Kanuala blies die hölzerne Trompete, das Didgeridoo.
Es kamen so viele Freunde, den Fisch zu essen und an den Tänzen teilzunehmen, daß der Corroboree fortdauerte bis tief in die Nacht hinein.
Die Sänger und Tänzer erfreuten sich noch immer an ihrem Tun, Regenbogenmann aber, ein reizbarer, streitlustiger alter Knabe, wurde es müde, das Didgeridoo zu spielen. So kam ihm der Plan, den Corroboree zu beenden, in dem er mit dem brennenden Stab, der den Tänzern leuchtete, ins Meer springen wollte.
Als Unwala sah, was passierte, warf er seinen Speer, der durch das Handgelenk von Kanaula fuhr, so daß dessen Hand lange genug über Wasser blieb, daß Mulara den Feuerstab packen und in einen trockenen Haufen Pandanusblätter werfen konnte.
Die Blätter gingen in Flammen auf und bewahrten der Menschheit das Feuer.
Kanuala aber schoß in den Himmel als Regenbogen; Fledermausmann Mulara schuf sich ein Heim in den Bäumen und Unwala verwandelte sich in eine große Krabbe und lebte fortan in den Mangrovensümpfen.

Jau. Viele der Geschichten könnten ja nach unserem Verständnis wahr gewesen sein, etwa die, etwas aus dem Rohr herausblasen zu wollen und dann zufällig den EINEN TON zu treffen. Sehr schön.

Leider sind die Geschichten sehr kurz, gibt es auch längere Versionen? Vor allem folgende gefällt mir gut, weil sie so eine Mischung aus rationalem und Traumzeitidee zu sein scheint.
Eine ander Blas Legende
Einer Erzählung nach, wurde es erfunden, als ein Mann Feuer machen wollte und in der Öffnung eines Holzstücks Termiten entdeckte. Um sie nicht zu verbrennen, blies er in das Rohr hinein. Die Termiten flogen in den Himmel und bildeten dabei die Milchstraße und die Sterne, aus dem Holz dagegen ertönte ein vibrierender Ton - der Didgeridoo war geboren.
Wäre es für Dich in Ordnung, wenn ich diese Geschichte erzähle??

Eine kleine Bemerkung noch: Am Ende gehts Du auf die Heilwirkung ein und schreibst:
Auch ist seine Bedeutung bei der Heilung von Krankheiten bei den Ureinwohnern unumstritten. Man bläst den Erkrankten oder einfach die schmerzende Region mit einem bestimmten Tonfolge an.
Aber auf dem Didgerdoo kann mensch gar keine Tonfolgen spielen, ich würde eher von Lautfolgen reden.

Grüße

martin schmauder[/quote]

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Post by ditido »

Hallo Martin, ich finde es toll, wenn gerade in der heutigen Zeit Menschen bereit sind, Geschichten zu erzählen. Und so an die geheimen und verborgenen Gefühle der Menschen appellieren.
Natürlich kannst Du alle Geschichten vom Forum verwenden. Wenn Du ab und zu mal auf deren Herkunft hinweisen würdest:
http://australia.stumpe.org/forum
Die Didgeridoo Geschichte aus dem NT kannte ich nicht und habe sie mir herunter geladen.
Die Geschichten sind nicht länger als ich sie aufgeschrieben habe. Viele habe ich original aus dem Englischen übersetzt. Und wenn Du heute mit einem Ureinwohner ins Gespräch kommst, erzählt auch er seine Geschichte kurz, knapp und prägnant. So war die mir auf Frazer Island erzählte Geschichte über die farbigen Steine und dem Regenbogen bedeutend kürzer, als ich sie nach Literatursuche dann aufgeschrieben habe.
Ich glaube die Kürze der Geschichten hat seinen Grund in der Art des Erzählens. Lange, sich oft wiederholende Tänze und Gesänge umrahmen und beinhalten solch Traumzeitgeschichten. Dabei geht die Zeit ganz schön hin. Und das muß auch sein, damit der Zuhörer ebenfalls seinen Trancezustand erreichen kann.
Deine Bemerkung über „Ton „oder „Laut“ ist sicher akademisch gedacht. Und dabei sollte es bleiben. Denn es geht einfach darum, dass eine bestimmte „Geräuschfolge“, mit dem Didgeridoo erzeugt, wirklich ausgewählte Beschwerden heilen kann. Der Wirkungsmechanismus kumuliert sehr mit der TCM (traditionellen chinesischen Medizin), hat was mit Yin und Yang und den Energiefluss in den Chakren zu tun.
Ich würde mich freuen, wenn Du im Forum mal berichten könntest, wie Deine Zuhörer auf die Geschichten aus der Traumzeit, die ja zum Teil auch wie die deutschen Märchen recht grausig sind, reagieren. Und ob sie daraus etwas für ihr Leben mitnehmen.
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Markus
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Post by Markus »

Hallo,

nach meinem Urlaub begrüße ich zunächst einmal unser neues Forenmitglied:

Herzlich Willkommen im Forum archaja! [smilie=bonjour010.gif]


Interessante Beiträge hast Du bisher geschrieben. Deine Website habe ich mir auch gerade angesehen, finde ich sehr schön gemacht! :D

archaja
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Post by archaja »

Hallo!

Danke! Webseite wird gerade ganz neu gestaltet, kommt demnächst raus.

Ansonsten hier noch eine kleine Geschichte:

Alinga, die Sonne, lebte einst weit im Osten. Sie war eine Frau mit mächtigen Zauberkräften. Sie trug langes, weißes Haar, und wurde auch Tenara, die Schöne, genannt. So groß war ihre Hitze, dass kein Mann es wagte sich ihr zu nähern.
Eines Tages ergriff sie einen brennenden Ast, kletterte auf einen hohen Baum und stieg zum Himmel empor. Dort zog sie ihre feurige Bahn, bis sie sich am Abend in einer dunklen Höhle verbarg.
Seither hat Alinga jeden Tag diesen Lauf genommen, des Abends aber kehrt sie unter der Achselhöhle der Menschen nach Osten zurück.
Zuweilen bedeckt sie sich mit einer Felldecke, dann stellt sich eine Sonnenfinsternis ein. Die Strahlen Alingas aber werden Lenga Malta genannt, die Schamhare der Sonne. (Aranda, Zentralaustralien) Aus: Märchen der austr. Ureinwohner, Märchen der Welt, Fischer

grüße

archaja

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Post by ditido »

Wie gesagt, die uns überlieferten "Geschichten aus derTraumzeit" sind häufig Nacherzählungen der ersten Siedler. Oft aber auch relativ willkürliche Übersetzungen der heutigen Ureinwohner ins Englische.
Ich habe viele deratige Geschichten auf ihren Anfang geprüft. Und es gibt schon eine gewisse Häufung von Redensarten, die dem Deutschen "Es war einmal" gleichzusetzen sind.
Dazu gehören folgene Einleitungen: " Vor langer Zeit, Früher, In der frühesten Zeit, Nachdem, Vor vielel, vielen Jahren, Nachdem die Götter."
Ob aber die originalen Geschichten bei den Zeremonien ebenso beginnen? Wir werden es wohl nie verläßlich erfahren.
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Markus
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Post by Markus »

Hallo,

nach so vielen Jahren ist es unglaublich kompliziert, ohne schriftliche Dokumente etwas nachweisen zu können. Aber sogar bei niedergeschriebenen Chroniken der damaligen Geschichtsschreiber (auch andere Kulturen) ist eine kritische Betrachtungsweise - insbesondere bei nur einer Quelle - Pflicht.

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