The Australian Capital Territory

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ditido
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The Australian Capital Territory

Post by ditido »

The Australian Capital Territory

Die politische Landkarte Australien sieht akkurat aus. Schnurgerade Grenzen zwischen den Bundesstaaten, rechteckige Muster. Korrekt nach britischer Art. Und da kommt im Südosten so ein ungleichmäßiger kleiner Fleck. Stört richtig. Folglich wurde er für viele Jahre auf den Karten einfach weggelassen. Der „Flecken“, mit 2366 Km² ungefähr so groß wie das Saarland, heißt Australian Capital Territory. Der kleinste Bundesstaat des Landes.
21 Tausend Jahre lebten die Aborigines hier friedlich und ungestört. Kanberra (Treffpunkt) nannten sie die Gegend. 1820 berichteten die Forscher Vaugham, Throsby und Wild überschwänglich von dem schönen und fruchtbaren Land. So siedelte 1824 J.Moore hier und nannte den Ort Canberry. 1833 kam dann Robert Campell mit 700 Schafen. Schon bei Gründung der Federation 1901 entstand der Streit um die Hauptstadt. Melbourne hieß damals die größte Stadt. Sydney betrachtet sich als Mutter der Kolonien. Der Kompromiss hieß Canberra. Ausgesucht unter sieben Varianten. Alle mussten mindesten 100 Meilen von Sydney entfernt liegen. Und seitdem gibt es von diesen beiden Metropolen immer wieder Spitzen gegen die Hauptstadt, die doch eigentlich keine wäre. Es werden sogar Vergleiche mit Brasilia gezogen, und Canberra zum Fremdkörper in der australischen Landschaft stilisiert. Die heute 320 Tausend Einwohner zählende Hauptstadt ist eine moderne Stadt. Eine Beamtenstadt, eine industriefreie Gartenstadt. Nach der Einigung auf Canberra begann man, ab 1908 die Hauptstadt zu bauen. Chefarchitekt war der Amerikaner Walter Burley Griffin. Noch 1927, dem Jahr der Parlamentseröffnung wurde an der Gartenstadt gebaut. Und eigentlich ist die Stadt erst ab 1950, als die letzten Ministerien von Melbourne endgültig umzogen und Canberra Universitätsstadt wurde, die richtige Hauptstadt. Viele werfen Griffin vor, eine Stadt geschaffen zu haben, die Washington sehr ähnlich sei. Einen „konzentrisch bürokratischen Alptraum!“ So oder so. Canberra ist eine gelungene grüne Symbiose zwischen Regierungsbereich, touristische Attraktionen und Wohnstätten. Es steht der Stadt, dass die mächtigen Prachtbauten der viktorianischen Epoche fehlen. Sehr ansehnlich trennt der 11 Km² große Stausee des Molonglo Rivers, der Lake Burley Griffin, das Regierungsviertel von der übrigen Stadt. Aber doch so, dass wiederum alles zusammen gehörig erscheint. Der Blick vom Mt. Anslie (846 Meter) hat einen 180° Radius. Das ist die beste Aussicht. Deutlich ist Symmetrie der Strassen und der Gebäude zu erkennen. 1929 baute man auf dem Berg eine Luftfahrt Navigations- Hilfe, die 1955 modernisiert wurde. Sichtbar zieht die rote Anzac Parade vom Australian War Memorial zum See. Gleich dahinter das Alte Parlamentshaus, und weiter zu den Bergen das Neue Parlament. Die anderen Aussichtpunkte sind Red Hill auf der gegenüber liegenden Seite. Der Hügel ist schlecht ausgeschildert und schwer zu finden. Von dort sieht man auf das südliche Ende des Stadtzentrums, die Commonwealth Avenue Bridge, die über den See mit dem Captain Cook Memorial Water Jet führt. Dieser Springbrunnen hat täglich ab 10.00 Uhr „Dienstbeginn“. Das umgebende Buschland scheint ganz nah. Leichter ist es den 195,2 Meter hohen Telstra Lookout zu finden. Der steht auf dem Black Mountain (812 Meter) und ist das Ziel vieler Radfahrer. Es gibt auch Fußwege zum Turm. Ein Teil des dortigen Naturschutzgebietes ist der National Botanic Garden. Der Ausblick vom dominierenden Element in der Skyline der Hauptstadt ist sehr informativ. Bliebe als letzter Aussichtspunkt noch der Mt. Pleasant. Dort, wo das Grab von General Bridges ist, der im 1. Weltkrieg bei Gallipoli fiel. An seinem Fuß liegt die Militärakademie. Die bereiteten gerade eine Parade vor, als wir zum Berg wollten. Wir störten nicht. Nur in Nähe des unmittelbaren Aufmarschgebietes standen Posten, die uns baten einen Umweg zu fahren. Mach das mal in Deutschland!
Besuchermagneten sind die beiden Parlamentshäuser. Das im typisch britischen Stil erbaute Alte Parlamentshaus diente von 1927 bis 1988.
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Ein sehr beeindruckendes Gebäude mit viel Wärme und Charme. Ringsum gepflegte Anlagen, die man betreten darf. Zwei Dollar Eintritt kostet eine Besichtigung. Und es gibt auch deutsche Informationen. Ob Königssaal, Senatskammer Repräsentantenhaus usw.- alles hat Atmosphäre und zeigt wichtige Meilensteine der australischen Geschichte auf dem Weg zur Souveränität. Viel zu große Bedeutung gibt man der Spionage Affäre um den Russen Petrov. Alles ziemlich überzogen. Als „Sensation“ ist der Schuh von Frau Petrowa ausgestellt. Den hatte sie in Sydney auf dem Flugplatz, als sie KGB Leute ins Flugzeug zerrten, verloren. Die Darstellung bestätigt mir aber, dass damals unfähige britische Beamte aus dem MI5 in Australien immer noch leitende Positionen einnehmen konnten. Und ich vermisste die australische Selbstironie. Nirgendwo der Hinweis, dass die vielen Kanonen doch nicht vor den Russen schützen konnten.
Regelrecht peinlich die Bilderausstellung in der National Portrait Gallery „Australier im Alltag“. So haben wir die Aussies nicht kennen gelernt. Nur happy People? Nur Essen oder besser Fressen? Zum Teil peinliche und obszöne Bilder. Peinlich in der Selbstdarstellung. Komischer Humor. Nichts von den Anstrengungen bei der Eroberung des roten Kontinents. Wo sind die Bilder über die Freude am Erfolg, über die Schwierigkeiten, über die Enttäuschung der Niederlage? So ist das wahre Australien nicht.
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Oberhalb des Old Parliament House, etwa 500 Meter Fußweg, kommt das Australische Parlament. Ein beeindruckendes Ensemble. Eine riesige unterirdische Parkhalle, freier Eintritt für Besucher, mehrsprachige Informationsblätter. Vom Parkplatz bis zum begehbaren Dach alles bleibt unvergesslich. Eine Nation hat verschiedene Möglichkeiten seine Größe zu demonstrieren. Das ist eine! Keine Überheblichkeit, kein Prunk im falschen Sinne. Hier passt alles. Der Bau, der Marmor, die Holztäfelungen mit den Pflanzenornamenten, die wertvollen Bilder und auch die Holländische Standuhr von 1792, die 1986 als Geschenk der Niederlande ins Parlament kam, es ergänzt sich zum harmonischen Gesamtbild. Das ist ein gastfreundliches Haus mit aufmerksamen und überaus hilfsbereiten Personal. Ich verließ stark beeindruckt das Parlament. Das Gelände der Regierung ist so weitläufig, dass Polizei und Sicherheitsdienst mit Fahrrädern patrouillieren. In den zwei Tagen haben wir den Regierungssitz, die Stadt, die Umgebung und das Umfeld erkundet. Dazu gehörte auch ein Besuch des National Museum of Australia. Ein fast 10 Meter breiter und 15 Meter hoher farbiger girlandenförmiger Kunststoffbaldachin in den Aborigines Farben Rot, Braun und Gelb führte zum Museumsgebäude. Der wohl futuristisch gedachte Bau hat viele kubistische Elemente. Die gewählten Farbenkontraste, Blau- Rot und Gelb, sind sehr gewöhnungsbedürftig. Der Eingang scheint einem Raumschiff nachempfunden zu sein. Das Museum selbst ist atemberaubend. Nicht nur von der Architektur. Diese großen und hohen Räume vermitteln die Weite und Unendlichkeit des Kontinents. Sympathische rote und weiße Elemente in der Eingangshalle, hohe Fenster mit Blick auf den See, angenehm gestaltet Logen. Erwartungsvoll betreten wir die Ausstellung. Man bekommt in den Abteilungen noch einmal einen zusammenfassenden Überblick über das Australien der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Jede Sphäre des australischen Lebens wird dargestellt. Das Museum bezeichnet sich als dynamisch. Und ich finde diese Definition als sehr zutreffend. Etwas Bemerkenswertes habe ich dort noch erfahren Der Streit, ob das Schnabeltier Eier legt, wurde erst 1887 entschieden. Der schottische Biologe Caldwell hatte 150 Ureinwohner bezahlt, um 1000 Schnabeltiere zur Untersuchung zu bekommen. Mit seinem berühmten Telegramm: „Monotremes // Oviparus // Ovum // Meroplastic“ (Schnabeltiere und Ameisenigel legen Eier und säugen die Jungen gesondert) widerlegte er 1884 ziemlich markant, eben schottisch, den berühmten Engländer G. Benett, der 1832 in Australien forschte. Auf der Heimfahrt besichtigten wir noch den schönen kleinen und modernen Inlandflughafen. Im Wald hinter dem Flughafen ist das Air Memorial Cairn, das an den Tod von 10 Menschen am 13. August 1940 erinnert. Kurz vor der Landung stürzte eine Maschine in den hügligen Wald. Etwa 500 Meter dahinter, am Jerrabomberra Lookout, fanden wir das Trainingsgelände der Paintball Anhänger. Der Chef war sehr nett, erklärte uns alles. Aber es gelang ihm nicht, uns zu überreden, dort im Wald mitzuballern.
Canberra und das ACT sind immer einen Besuch wert
Time cures all things

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